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Wir nennen es Reform.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) haben das gleiche Problem: Beide brauchen zwischendurch auch mal gute Nachrichten. Roth am Ende eines ersten Amtsjahrs als Ministerin, das nur Optimisten „durchwachsen“ nennen würden. Die „Preußenstiftung“, weil sie mit dem Unterhalt ihrer vielen Einrichtungen, Liegenschaften und Sammlungen seit langem überfordert ist und sich dennoch – Stichwort Neubau eines Museums des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum mit erwarteten Baukosten von 450 Millionen Euro – zur steten Expansion verurteilt hat.

Gut, wenn beide nun in der einst von Roths Amtsvorgängerin Monika Grütters (CDU) angestoßenen und seither versandeten SPK-Reform einen gemeinsamen Strang gefunden haben, aus dem sich eine gute Nachricht stricken lässt.

Grundlage der Reform waren und sind die „Strukturempfehlungen“ des Wissenschaftsrats. Das externe Expertengremium hatte die SPK zwei Jahre lang auf Herz und Nieren geprüft und kam zu einem naheliegenden Schluss: Erstens, die SPK aufzulösen und zweitens, die Stiftungsgrundlage „preußischer Kulturbesitz“ grundsätzlich zu revidieren. Dazu muss man wissen, was die SPK eigentlich ist: ein kleines Kapitel westdeutscher Nachkriegsgeschichte.

Heute umfasst die SPK einerseits die siebzehn Museen des Verbunds Staatliche Museen zu Berlin (SMB) – einst mit einem eigenen, durch Grütters‘ Reformungeschick noch „entsorgten“ Generaldirektor an der Spitze. Andererseits gehören ihr große Archiv-, Bibliotheks- und Forschungseinrichtungen wie die Staatsbibliothek mit zwei Standorten, je im ehemaligen Ost- und Westteil Berlins, oder das einst „Preußische“ Geheime Staatsarchiv. Grund dafür ist die Teilung Deutschlands. 1957 initiiert, war die SPK als Bundesstiftung zum Erhalt des nach Auflösung des Landes Preußen 1947 heimatlos gewordenen preußischen Kulturbesitztümer angelegt: im Kern also eine Vermögensverwaltung für ein bisschen im Westteil verbliebener Kunst, viel Kulturgut und bedeutende Archivbestände. Die Geschichte der Museen und vor allem des musealen Ausstellungsbetriebs ist eine andere: Während etwa in Ostberlin die Arbeit der Nationalgalerie unmittelbar nach Kriegsende fortgeführt wurde, wurde die „Neue“ Nationalgalerie als BRD-Projekt erst 1968 eröffnet. Nach der Wende kam es der SPK zu, die getrennten Sammlungen zusammenzuführen und so ein institutionelles Monstrum zu kreieren. Weil unter dem SPK-Dach Museums- und Forschungsbetrieb zusammenkommen, vergleicht sich die Stiftung heute so gern mit dem Smithsonian Institute in Washington. Faktisch sind die notorisch unterfinanzierten SMB-Museen und speziell die für Kunst zuständigen Nationalgalerien ein Klotz am Bein für eine Stiftungsspitze, die, gut faustisch, nach Höherem strebt.

Letzteres geht mit dem Reform-Eckpunkt-Papier, das am Montag vorgestellt wurde, nun noch besser. Die Kurzfassung: die Stiftungsspitze unter SPK-Präsident Hermann Parzinger und die für den Gesamthaushalt zuständige SPK-Hauptverwaltung tun so, als würden sie sich reformieren (mit dem Vorstand als „Kollegialorgan“ mit richtlinienkompetentem Präsidenten, die Hauptverwaltung durch Umbenennung zur „Zentralen Serviceeinrichtung“ und viel dezentralisierter Verwaltung, die zwecks „mehr Autonomie“, verbunden mit „mehr Eigenverantwortung“, an die einzelnen Häuser gehen soll). Grundsatzprobleme wie die disproportionale Bund-Länder-getragene Gesamtfinanzierung der SPK, der politisch, nicht fachlich besetzte Stiftungsrat, die generelle Inkompatibilität von Museums- und Forschungsbetrieb, die Unterfinanzierung der nun gut neoliberal zur „Freiheit“ entlassenen Museen bleiben außen vor. Das Gute an der Nachricht: Roth wie Parzinger können dieses Papier „Reform“ nennen und sicher sein, dass sie keine wird. Als Zuckerl für diejenigen Wählerinnen und Wähler obendrauf, denen sowieso eher an Symbolpolitik gelegen ist, verspricht Roth eine baldige „kreative Diskussion“ des Stiftungsnamens. Kyffhäuser öffne Dich!

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Abbildung: Bode-Museum, Am Kupfergraben, Museumsinsel Berlin, Berlin-Mitte© Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

Mehr Texte von Hans-Jürgen Hafner

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