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Junge Galerien brauchen maßgeschneiderte Aufmerksamkeit

Luigi Fassi, seit Anfang 2022 Direktor der Artissima, will mehr Internationalität in die italienische Galerienszene bringen. Gleichzeitig sieht er die Aufgagbe der Kunstmesse auch darin, jungen Galerien einen Einstieg in den internationalen Kunstmarkt zu ermöglichen.

artmagazine: Man kennt Sie vor allem als Kurator, unter anderem für den Steirischen Herbst. Haben Sie jetzt die Seiten gewechselt?

Luigi Fassi: Ich war sieben Jahre Kurator für die Present Future-Sektion. Dadurch kenne ich die Messe sehr gut. Ich habe dabei auch sehr viele Künstlerinnen und Künstler kennengelernt, mit denen ich im institutionellen Kontext noch nicht gearbeitet hatte. Bei Art-o-Rama war ich im Auswahlkomittee. Ich sehe in der Artissima sehr starkes Potential für Kuratoren und Musemsleute. Wir wollen so etwas wie ein Inkubator für die Institutionen werden.

Es geht bei Messen ja ursprünglich auch um den Austausch von Ideen. Da kann die Artissima auf ein solides Fundament aufbauen.

Wie sehen Sie die Artissima im internationalen Messegefüge positioniert?

Im Ökosystem der Messen sind wir terminlich im Nachteil nach London und Paris. Aber auf der Paris+ zum Beispiel hatten nur 150 Galerien Platz, darunter waren nicht so viele junge. Wir wollen den zeitgenössischen Galerien eine Plattform bieten. Junge Galerien brauchen maßgeschneiderte Aufmerksamkeit. Unsere Aufgabe ist es also, viele Kuratoren hierher zu bringen. Das versuchen wir unter anderem mit unserem Förderprogramm. Wir verleihen auf der Messe zehn Preise. Jede dieser Jurys besteht aus mindestens vier Mitgliedern, meistens Kuratoren.

Die drei bekannten Formate der Artissima, Back to the Future, Present Future und Disegni für Zeichnungen sind für Sammler wie für Kuratoren attraktiv. Zwei der fünf Kuratorinnen kommen dieses Jahr übrigens aus Deutschland.

Das Modell Kunstmesse ist in letzter Zeit unter Druck geraten. Die besten Chancen haben Veranstaltungen mit einem klaren Profil und einer für ihren Standort angemessenen Größe. Wie stellt sich die Artissima auf?

Dieses Jahr haben wir 174 Galerien, davon 60 Prozent aus dem Ausland, wir sind also kleiner als in den Vorjahren. Die Messe war vor der Pandemie einfach zu groß. Wir haben jetzt 42 Erstteilnehmer, davon 90 Prozent nicht aus Italien. Das war uns sehr wichtig. 21 sind aus Deutschland, zehn aus Österreich. Und mit Noah Klink und Robert Grünenberg haben wir auch ganz junge Galerien dabei, die es sehr interessant finden, hier ihr Netzwerk auszubauen und sich den italienischen Institutionen zu präsentieren.

Mit Paris+ geht das Preisniveau dort nach oben, und es gibt eine ganze Generation von jungen Galerien, die eine Plattform wie uns brauchen, um in das System einzusteigen.

In Italien gibt es in Turin, Mailand und Bologna alleine drei größere Kunstmessen. Was bedeutet Artissima im italienischen Kontext?

Das ganze italienische System profitiert, weil wir den lokalen Markt internationalisieren. Für die italienischen Kollegen ist es hier sozusagen Ausland, wo sie sich dem internationalen Wettbewerb stellen müssen.

So ist Neapel zum Beispiel eine wichtige Galerienstadt, und dieses Jahr sind alle Galerien von dort zurück bei uns. Durch uns sind sie nicht zwingend darauf angewiesen, nach Paris, Brüssel oder Köln zu gehen. Europa kommt hier sozusagen zu ihnen.

Der Kunstmarkt ist aber auch eine Aufmerksamkeitsökonomie.

Wir versuchen die Stadt als Spielraum für die Messe zu nutzen. Die Galerien, die hier ausstellen, sehe ich als Unternehmen, die hier investiert haben. Denen müssen wir einen Gegenwert bieten.

Für die Wirtschaft vor Ort haben wir das Programm "Made in" ins Leben gerufen, bei dem jeweils vier Künstler oder Künstlerinnen die am Beginn ihrer Karriere stehen, in vier Firmen der Region Residencies von rund zwei Monaten absolvieren können.

Man muss jedes Jahr etwas Neues anbieten. Als Teil der Fondazione Torino Musei arbeiten wir heuer mit den gerade neu eröffneten Gallerie d'Italia Torino der Bank Intesa San Paolo zusammen. Mit ihnen haben wir eine Video-Ausstellung unserer Galerien organisiert. Es ist sozusagen eine Sektion der Messe in der Stadt.

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Die Artissima läuft vom 4. bis 6. November 2022
--> artissima.art

Mehr Texte von Stefan Kobel

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