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Schiele / Janssen - Selbstinszenierung, Eros und Tod: Horst Schiele, Egon Buddenbrook

Besonders sophisticated ist es nicht, den Themen Selbstinszenierung, Eros und Tod eine Schiele-Ausstellung zu widmen. Andererseits ist angesichts der großartigen Blätter auch wieder jeder Anlass recht, sie auszustellen. Ihnen gegenübergestellt sind ungefähr ebenso viele grafische Arbeiten von Horst Janssen. Anders als bei Schiele ist das Medium der Bleistiftzeichnung im ausgehenden 20. Jahrhundert natürlich in gewisser Weise ein anachronistisches. Der blutjungen Genialität eines Schiele steht in Janssen ein in jahrzehnte langer Praxis perfektionierter Routinier gegenüber. Die Themen scheinen sich in der Tat nicht geändert zu haben. Für das forschende, bohrende Selbstportrait ist Jugend nicht Voraussetzung, wie man seit Rembrandt weiß. Da scheut sich der über vierzigjährige Janssen auch nicht, sich selbst angesichts einer soeben abgestorbenen Liebesbeziehung in einer Serie von Selbstportraits als sterbenden sechzehnjährigen Hanno Buddenbrook zu inszenieren. Auch das Erotische in seiner Schmerzhaftigkeit und seiner immer wieder postulierten Todesnähe ist natürlich ein zeitloses Thema, und keines, über das es noch viel Neues zu sagen gäbe. Der Vergleich der beiden Künstler führt ebenfalls nicht wirklich zu neuen Erkenntnissen: hier der junge zerquälte geniale Schiele, hier der alte zerquälte Janssen, offenbar schon mit Doppelkinn und Pilotenbrille zur Welt gekommen, ebenso wie Schiele mit seinen geziert verkrampften Händen. Hier das Von-vorne-Beginnen einer aufbruchsdustigen Zeit, dort das Reflektieren über Kulturgeschichte, das Verarbeiten nicht nur von Rembrandt und Schiele, sondern auch Botticelli und Michelangelo. Janssens traurig hängendes Gesicht sitzt hier auf dem Körper von Michelangelos aus dem Paradies vertriebenem Adam. Der Humor hat ihn wenigstens nicht verlassen.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Schiele / Janssen - Selbstinszenierung, Eros und Tod
05.03 - 28.06.2004

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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