2022 - curated by Eva Kraus & Volo Bevza: Dem Krieg so nah, dem Krieg so fern
Schutz vor dem Krieg bietet eine Zeitung. Als wortwörtliches Medium vermittelt sie die überbordende Präsenz leiblicher Gefahr dem distanzierten Geist. Die Angst wird so zur Erzählung. Aber die Erzählung, getragen nicht nur von Worten, sondern vor allem auch durch Bilder – Fotografien – wird wiederum selbst zum Schrecken. Zum Schrecken für die Fotografierten, die der Fotografin misstrauen und die Weitergabe von Informationen an den Feind fürchten. Ohne diese Daseinsebenen aufzugeben, nimmt der vermittelnde Agent (das Foto, die Zeitung) in Yevgenia Belorusets Arbeit „Please don’t take my picture! Or they’ll schoot me tomorrow“ (2015) eine weitere Bedeutung an: als Kunstwerk.
Bei Artem Volokitin sind Raketenschläge zu grellen Blitzen bunter Farbe verwandelt. Sie schneiden durch das dumpfe Grau der Leinwand. Der Grauen der Realität, zu Schönheit transformiert in der Fiktion. Zwischen Wahrnehmung und Darstellung errichtet sich eine Barriere der Vorstellung. Sprengstoff wird Blick wird Bild.
Auch die Arbeiten von Volo Bevza und Victoria Pidust (2022) sind wie Versuche der Vermittlung einer Wirklichkeit, die von Orientierungslosigkeit geprägt ist, deren Konstanten bröckeln. Die Dokumentation der materiellen Trümmer – Fotos von Betonskeletten und Elektroschrott: Substitute menschlicher Körper – wird digital verzerrt, zerstückelt, zerstört. Haltlos und chaotisch schweben sie als Fragmente und Farbe über leere Gründe der Leinwand und legen sich über die Kanten des Raums bis über den Fußboden.
Ist dies ein Rückzug vor der Wirklichkeit? In Kunst als Ableitung von Künstlichkeit? Mitnichten. Es ist viel eher die Behauptung einer Position, die sich dagegen wehrt, der Körperlichkeit völlig anheim zu fallen. Sie wahrt Distanz. Ihr Mittel ist der kritische, vor allem der ästhetische Blick. Manifest wird er als Kunst. Es bedeutet Widerstand gegen die Vulgarität des Materiellen, die im Krieg allgegenwärtig ist. Und beantwortet jedwede Frage nach dem Sinn von Kunst im Kriegszustand, mit Deutlichkeit.
09.09 - 15.10.2022
Crone Wien
1010 Wien, Getreidemarkt 14
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