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Bill Viola: Elemente und Aggregatszustände des Glücks

Wasser, Feuer, verschobene oder rückgespulte Zeit, die Conditio Humana, der magische dramatische Moment im menschlichen Dasein, sowie dessen Vergehen sind Kernthemen im Werk des großen amerikanischen Videokünstlers Bill Viola.

Ihm ist derzeit eine umfassende Schau im Museum der Moderne in Salzburg gewidmet. In abgedunkelten Räumen erwartet den Besucher eine magische Welt von bereits älteren klassischen Arbeiten, die gute Werkbeispiele des polyglotten Ausnahmekünstlers wiedergeben.

Da ist zum einen das Werk „The Raft“ von 2004, in dem neunzehn Personen unterschiedlicher Ethnien und sozialer Herkunft in einem undefinierten Raum zusammenstehen und von einem Wasserwerfer erfasst werden. Der Strahl des Wassers ist so überwältigend, dass die Menschen zu Boden gehen, zusammensinken und liegen bleiben. Innerhalb von 10 Minuten Zeitlupe endet der Wasserstrahl und die Menschen erheben sich mühsam, stützen einander und weinen. Es ist das Abbild einer Katastrophe, das wir hier vorgesetzt bekommen, wie sie derzeit auf der ganzen Welt möglich ist, wenn Behörden gegen Demonstrierende Wasserwerfer einsetzen. Bei Viola folgt auf die Katastrophe, der humanitäre Akt des gegenseitigen Helfens, der Unterstützung.

Nicht umsonst heißt die Arbeit aus dem Jahr 2004 „The Raft“ und nimmt damit Anleihe bei dem berühmten französischen Bild von Théodore Gericault von 1814 - „Das Floß der Medusa“. Das Bild geht auf die reale Geschichte von 150 Schiffbrüchigen zurück von denen aufgrund von Streit und Kannibalismus nur 15 die Fahrt überlebten. Viola setzt dieser Barbarei ein positives Beispiel gegenüber.

Bill Viola, der im Laufe langen einundsiebzigjährigen Lebens viel Zeit im Fernen Osten verbrachte und sich mit dortigen Mythen, Lebensweisen und Religionen beschäftigte, zeigt am Mönchsberg auch eine frühe Arbeit von 1977 bis 1979 mit dem Titel „The Reflecting Pool“. In einer Waldlandschaft lässt sich ein gemauerter Teich ausmachen zu dem ein Mann geht. Es ist der Künstler selbst, der schließlich in den Teich springt, dessen Körper aber im Flug gefriert und allmählich im Grün der Waldlandschaft verschwindet. Auf der Oberfläche des Wassers entstehen hin und wieder Wellen, das Geäst bleibt unbewegt doch im Wasser sind Spiegelungen von Personen zu erkennen. Nach einer Weile erhebt sich ein nackter Mann aus dem Teich und verlässt das Bild. Viola irritiert unsere Sehgewohnheiten nachhaltig. Es ist als wäre der Mann in der Luft verdampft und hätte sich im Wasser neu zusammengesetzt. Schließlich verlässt er den Aggregatzustand des Wassers, verfestigt sich erneut und setzt sich der Luft aus. Dieses Spielen mit Elementen, Stofflichkeit und Zeitebenen ist die große Kunst Bill Violas.

Die östliche Mystik ist ihm dabei behilflich, aber auch die abendländische Kultur fließt in Violas Werke ein, wie in der Arbeit „Night Vigil“ von 2005/2009. Hier nimmt er auf Tristan und Isolde von Richard Wagner Bezug und arbeitet in dem Typtichon vorwiegend mit dem Element des Feuers.

Bill Viola versteht es, dem Betrachter eine ganze Bandbeite an Interpretationen anzubieten. So erschließt sich die Kunst des Amerikaners am Besten in der individuellen stillen Kontemplation. Insofern hat Bill Viola in seinen Werken wahre Meisterschaft erreicht - ein Glücksfall für uns Ausstellungsbesucherinnen und -Besucher.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Bill Viola
16.07 - 30.10.2022

Museum der Moderne Salzburg Mönchsberg
5020 Salzburg, Mönchsberg 32
Tel: +43 / 662 / 84 22 20-403, Fax: +43 / 662 / 84 22 20-700
Email: info@mdmsalzburg.at
http://www.museumdermoderne.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi 10-20 h


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