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Is It True?: Bild und Sturm

Den Wahrheitswert von Bildern in Frage zu stellen, ist eine Lieblingsbeschäftigung von Reformator:innen und geht dem Bildersturm gern einmal voraus. Schließlich ist es das Wort, das exklusiv die Wahrheit entbirgt und, performativ gewendet, sogar „ist“. Umso kurioser, wenn die Frage nach dem Wahrheitswert von Medienbildern als Rechtfertigung für eine Ausstellung mit Bildern der Kunst dienen muss, wie in der Schau „Is It True?“ in der Düsseldorfer Galerie Kadel Willborn.

Zum Glück sind die in der Ausstellung präsentierten, allesamt Fotografie-bezogenen Arbeiten von Nathalie Czech, Jan Paul Evers, Barbara Kasten und Kathrin Sonntag klüger als die Frage, unter der die künstlerisch jeweils sehr spezifisch verfahrenden Projekte zusammengefasst sind. Ein Bild – nicht nur der Kunst – kann nur so wahr sein, wie es eben „ist“. Dies wiederum hat viel damit zu tun, wie es hergestellt wird. Wovon es tatsächlich handelt, ist Verhandlungssache und entzieht sich der Intention, Verfertigung und Kontrolle seiner Macher:innen. Über die Bedeutung entscheidet der Gebrauch, wovon „Interpretation“ aber nur eine Möglichkeit unter vielen ist.

Prima, wenn man Bilder als Kunst gebraucht. Denn die rechnet a priori mit einer statistisch betrachtet nicht eben großen aber im Einzelfall umso spezifischeren Aufmerksamkeit. Diese richtet sich ganz besonders darauf, wie ein Bild materiell und kontextuell zustande kommt, unter welchen Umständen es zirkuliert, sich adressiert und entsprechend wirkt. Insofern sind gerade von Bildern der Kunst – zum Ärger der Reformator:innen – zuallerletzt Wunder zu erwarten. Daher die Skepsis, Enttäuschung, ja Ablehnung, die Kunst traditionell auf sich zieht. Eben, weil es bei dem ganzen schönen Zauber doch nur materialiter zur Sache geht, wenn Barbara Kasten etwa Metallrahmen zusammen mit dem Licht- und Schattenspiel, das sie auslösen, zuerst fotografiert, das Fotonegativ im Entwicklungsprozess dann invertiert, um das so entstandene Bild final als Silbergelatine-Print zu fixieren. Das ist Fotografie wie zu Uromas Zeiten, mit viel Licht, Chemie und Vintage-Flair, von dem auch Jan Paul Evers profitieren will, obwohl seinen Bildfindungen ein Schwenk ins Digitale vorausgeht. Er macht auf Basis gefundener, oft digitaler Bildvorlagen – die selbstverständlich massenhaft zu haben sind – etwas aufwändiger und als Handabzug, was auch schon ein Richard Prince mit seiner „re-photography“ geleistet hat: Zweifel zu säen an der Objektivität, die die Fotografie freilich nie in toto, sondern höchsten ausschnittsweise hatte – und die ihr dennoch immer wieder zugeschrieben wurde –, um zugleich die Kunsthaftigkeit seiner Bildartefakte sammelwürdig unikatär auf Barytpapier zu hinterlegen. Warum nicht gleich malen oder als NFT?

Während Natalie Czech die visuelle Poesie der 1960er-Jahre ins Format des Fotografisch-Allegorischen hinein- und aus den vorrangig typographischen Experimenten von einst herauszieht, gelingt es Kathrin Sonntag, Kommunikation als einen Sinn genauso gut wie Unsinn stiftenden Prozess zu zeigen, der, von Bildern ausgelöst, freilich über sie hinweg geht. Dazu reicht es, zwei Motive als Doppelseite ausgedruckt und ansonsten kommentarlos in Bezug zueinander zu setzen. Tatsache!

Mehr Texte von Hans-Jürgen Hafner

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Is It True?
14.05 - 11.06.2022

Kadel Willborn
40233 Düsseldorf, Birkenstraße 3 & 20
Tel: +49 (0)211-749 561 19, Fax: +49 (0)211-749 561 20
Email: info@kadel-willborn.de
http://www.kadel-willborn.de
Öffnungszeiten: Mi-Fr 13 – 18 Uhr, Sa 11 – 16 Uhr


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