kosuth majerus sonderborg: Appropriation + Abstraktion hoch3
Anlässlich des 20. Todestages von Michel Majerus hat Kurator Peter Pakesch Werke des Berliner Künstlers mit Arbeiten seiner Stuttgarter Professoren Joseph Kosuth und K.R.H. Sonderborg in Bezug gesetzt. Die von Majerus meisterhaft praktizierte Form des (malerischen) Zitierens moderner Ästhetiken steht dann in „kosuth majerus sonderborg “ zur Disposition, gleichzeitig aber, und dieses macht die von Joseph Kosuth installierte Ausstellung interessanter als das eben nur vordergründige Thema der Schüler-Lehrer-Beziehung ahnen lässt, wird hier wohl überlegt die Umkehrung dieser Appropiationen vorgeführt, der Spieß wird gleichsam umgedreht.
Der Reihe nach: Gleich gegenüber der Eingangstür hängt Majerus’ Gemälde „ohne Titel“, 1994, ein auf dem ersten Blick weißes Bild mit für Sonderborg typischen schwarzen, gestischen Farbstrichen in der oberen rechte Ecke der Leinwand. Auf dem zweiten Blick aber erkennt man unter der weißen Farbschicht die in rot geschriebenen, kaum noch lesbaren Worte „Das verstopfte Ofenrohr“, mit denen Majerus seine Appropriation humorvoll-realistisch gegenliest. Auf der anderen Seite des Raumes, links von der Eingangstür, ist Sonderborgs Bild „Peacemaker“, 1989, zu sehen, eine gegenständliche Darstellung eines Maschinengewehrs, die wiederum alles andere als typisch für Sonderborgs Ästhetik erscheint und sich gegen die zu einseitige Kategorisierung des Künstlers als „abstrakten Maler“ wehrt. Diese Parallelität von „abstrakter“ und „figurativer“ Arbeitsweise wiederum ist auch typisch für das Oeuvre von Majerus.
Kosuth nun dreht, wie gesagt, den Spieß der Appropriation um, und zwar dadurch, dass er mit neuen Neonarbeiten Majerus zitiert. Genauer: Ausgewählte schriftliche Formulierungen aus seinen 2017 publizierten Notizenbüchern sind von Kosuth mal in deutscher, mal in englischer Sprache überlebensgroß reproduziert. In Neonschrift, ein für Kosuth typisches künstlerisches Medium, steht da zum Beispiel Majerus’ rhetorisch fragendes Statement: „Was bleibt dem Maler außer Kunstgeschichte zu zitieren + eigene Abstraktionsbilder“. Der Konzeptkünstler Kosuth zitiert „seinen Schüler“ aber nicht nur, er betont mit dessen nun im wahrsten Sinne des Wortes „einleuchtenden“ Statement auch, dass dieser seine künstlerische Arbeiten stets, fast schon theoretisierend, reflektiert hat.
Probleme von Appropriation und Autorenschaft also stehen im Zentrum der Ausstellung, wobei die Autorenschaft hier nicht eine ist, die sich in „einsamen Monologen“ (Nicolas Bourriaud) erschöpft, sondern eine, die als multiple Autorenschaft angelegt ist, in der intertextuelle Dialoge den Ton angeben. Und auch die Ausstellung als Ganzes ist gewissermaßen im Dialog konzipiert, nämlich in dem Dialog zwischen dem Kurator Pakesch und dem die Show installierenden Kosuth.
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Anm.d.Red.: Anlässlich des 20. Todestages von Michel Majerus widemt sich eine deutschlandweite Ausstellungsreihe dem Werk der ausßergewöhnlichen Künstlerpersönlichkeit.
Informationen zu allen Ausstellungen unter: --> https://michelmajerus2022.com
28.04.2022 - 18.03.2023
Michel Majerus Estate
10405 Berlin, Knaackstraße 12
Tel: +49 30 47377300
Email: info@michelmajerus.com
https://www.michelmajerus.com/
Öffnungszeiten: Sa 11-18 h