Daniel Ferstl - Lovers: Snoopy und die Frontkamera
Poppig sind sie, die neuen Arbeiten von Daniel Ferstl (geboren 1982 in Linz), aber nicht schrill. Nehmen wir den Teddybären, der sich als Motiv durch mehrere Bilder zieht: aus flauschigem Plüsch, der über Schaumstoffeinlagen genäht ist, mit Knopfaugen und einer Uhr am Handgelenk post er in „The secret to my success“ inmitten des knalligen Orange eines ganzen Schwalls satinüberzogener Basketbälle und versprüht Hedonismus wie der schäumende Moët zwei Bilder weiter. Nur ist davon in „Melancholie II“ nichts mehr erhalten: der zur Vollplastik entwickelte Teddybär zeigt Auflösungserscheinungen und ist in einer Raumecke zum Liegen gekommen.
Dieser emotionale Absturz (oder: Demaskierung), die die Überführung der Motive aus dem Bild heraus in den Raum hinein begleitet, erfasst neben dem (Ralph Lauren) Polobären auch die weiteren Protagonisten: eine anthropomorphe Sonne/Blume mit starken Armen/Blättern, ansonsten aber spindeldürrem Körper, die zwischen Hanteln ein Selfie schießt (nicht ohne die Armbanduhr ins Bild zu schieben); und einen rauchenden weißen Hund mit schwarzer Stupsnase und Schlappohren, der offensichtlich das Bild des modebewussten Gentleman (aber treuherzig) vermitteln will. Die Fitness-Blume ist außerhalb des Bildausschnitts zur heulenden Leselampe verkommen und beweint einen weiteren erschlagenen Teddybären. „Doggo“ der coole Hund ist zum Sitzhocker degeneriert – ein Schicksal, das auch Blume und Bär nicht verschont lässt.
Soweit also eine Abrechnung mit der Schattenseite der Selfiekultur und den dort gepflegten Idealvorstellungen. Schließlich sind auch die Stoffe, aus denen die Bilder collagiert sind, eher „geschmacklos“: altbackene Tischtuchmuster oder all-over-Tapeten im Baumarktstil, billiges Satin – jedenfalls ein Spiel mit der Hässlichkeit. Der eklektische Mix aus Seidenschimmer und Schaumstoff, monumentalen Kompositionen und unverblümten Produktionsspuren, Herzsymbolik und Chat-Sprechblase spiegelt und feiert die Zerrissenheit und Widersprüchlichkeit des Phänomens Selbstdarstellung (im virtuellen Raum). Es gelingt die Gratwanderung zwischen cringe und cool, zwischen Ironie und Schwermut. Es wird nicht gewettert gegen, sondern karikiert; und als gute Karikaturen zeichnen sich die Werke durch einen liebevollen Zugang genauso aus wie durch gnadenlosen Witz.
03.03 - 16.04.2022
Galerie Wonnerth Dejaco
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