Werbung
,

Frieze Art Fair: Die demaskierte Frieze

Corona gibt's gar nicht; die wenigen Maskenträger auf der Frieze müssen verwirrte Festlandeuropäer sein. Befremdlich wirken die beiden Messen Frieze London und Frieze Masters aber nicht nur wegen der scheinbaren Normalität auf der Insel. Das sonst gewohnte Gedrängel in den Zelten ist einem gemächlichen Flanieren in luftigen Gängen gewichen. Das liegt sicher nicht nur an den eigenwillig gehandhabten Zeitfenstern für den VIP-Einlass, denn die spielen in der Praxis kaum eine Rolle. Vielmehr hält sich der Andrang doch eher in Grenzen. Vor allem US-Amerikaner sind nur spärlich angereist, das gilt für Aussteller wie Besucher. Das war in Basel wenige Wochen zuvor auch schon so.

Die Aussteller haben sich auf einen schwierigen Markt vorbereitet und entsprechend eher Leichtverdauliches mitgebracht. Allerdings sind die Formate durchschnittlich etwas größer als noch in Basel. Im Vergleich mit Basel fällt weiterhin auf, dass politische und gesellschaftliche Inhalte hier eine größere Rolle spielen, ein Feld wo in Basel dröhnende Stille herrschte. Das hintere Ende des schier endlos scheinenden Zeltes ist traditionell der jungen Kunst vorbehalten im „Focus“-Sektor vorbehalten. Hier setzen die Galerien eher auf Statements, so auch Laura Hager mit ihrer Wiener Galerie Gianni Manhattan, die den Plastik-Tondi des Briten Sebastian Jefford einen fulminanten Aufschlag bereitet. Es sind diese Präsentationen, die bluechipmüde Sammler anlocken und dadurch den Bereich auch für etablierte Galerien interessant machen. Martin Janda ist auf ausdrücklichen eigenen Wunsch jetzt hier platziert statt im Hauptzelt, wo aus Österreich jetzt nur noch die Galerie Krinzinger vertreten ist, und verstärkt den Wiener Block, den Hubert Winter, Croy Nielsen und Sophie Tappeiner komplettieren.

Am Nordende des Regent's Park bei der Frieze Masters ist die Geschwindigkeit traditionell etwas reduzierter. Die Auftritte der Galerien sind dafür oft umso aufwendiger. Stuart Lochhead Sculpture aus London hat nicht nur Skulpturen aus Gips aus verschiedenen Jahrhunderten von der Renaissance bis in die jüngste Vergangenheit zusammengetragen, sondern auch noch die Standarchitektur aus Gips sowie eine eigene Zeitung produziert. Hier hat man sich ebenfalls mit den geänderten Gegebenheiten arrangiert. Emanuel von Baeyer aus London hat dem Whistler-Schüler Walter Richard Sickert eine großflächige Präsentation gewidmet, um das einheimische Publikum anzusprechen. Bei Preisen ab 400 Pfund sind kleine Zeichnungen Mitnahmeobjekte, das teuerste Gemälde kostet 30.000 Pfund. Das Renommierstück an seinem Stand ist allerdings ein abstraktes Bild von Frantisek Kupka aus dem Jahr 1914 für 450.000 Pfund. Genau am richtigen Ort fühlt sich die ebenfalls einheimische Galerie Osborne Samuel mit ihrer Solo-Show von Henry Moore. Nicht zuletzt solche sehr britischen Präsentationen sichern der Frieze Masters eine ihre einzigartige Stellung in der Messelandschaft. Denn das Crossover und die extrem aufwendige Standgestaltung einiger Ausstellung hat sie mit der Tefaf gemeinsam. Aber immerhin: Mit der Königin der Kunstmessen auf Augenhöhe zu sein, ist eine Leistung.

Von den Satellitenmessen ist heuer kaum eine angetreten. Die Sunday Art Fair hat ausgesetzt, ebenso wie die der Pavilion of Art and Design PAD. Einzig die 1-54 im Somerset House findet statt. 19 der 47 Teilnehmer stammen aus Afrika, etwa ebenso vielen aus den europäischen Zentren afrikanischer Kunst Paris und London. Der Boom, den schwarze Künstlerinnen und Künstler zur Zeit besonders in den USA und dort in der preislichen Oberliga erleben, sei auf dem Kontinent noch nicht angekommen, erklärt Victoria Cooke, die mit ihrer Gallery 1957 nach drei Standorten in Ghanas Hauptstadt Akkra gerade eine Filiale in London eröffnet hat. Allerdings nehme sie das verstärkte Interesse etablierter Sammler wahr, ihre bisher westlich geprägten Sammlungen in Richtung des globalen Südens zu diversifizieren. Das ist immerhin eine gute Nachricht aus London.

Mehr Texte von Stefan Kobel

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Frieze Art Fair
13 - 17.10.2021

Frieze Art Fair
NW1 4RY London, Regent`s Park
Tel: + 44 (0)20 7025 3970, Fax: +44 (0)20 7025 3971
Email: info@friezeartfair.com
http://www.friezeartfair.com


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: