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Keine Gefühle, wenig Verstand

Die Galeristin Saskia Draxler (Nagel Draxler, Berlin/Köln/München) über den Markt, die Kunst und NFTs

artmagazine: Welche Chancen eröffnen NFTs Künstlern einerseits und dem Kunstmarkt andererseits?

Saskia Draxler: Jede technische Neuerung hat neben ihrer funktionellen Komponente auch kulturelle, ästhetische und gesellschaftliche Bedeutung. Für Künstler sind solche Neuerungen Quellen der Inspiration und Auseinandersetzung. Mit Krypto beschäftigen sich einige Künstler*Innen inhaltlich bereits länger, wie die Arbeiten von Christiane Wang und Simon Denny und anderen zeigen. Gesellschaftlich wird das Kräftemessen der Kryptowährungen mit den „realen“ Währungen gerade ausführlich vorgeführt, mit Protagonisten wie Elon Musk, aber auch beispielsweise mit Kryptofonds, die in den letzten Jahren aufgelegt wurden und konservativen Anlagemöglichkeiten Konkurrenz machen.

Für den Markt ändert sich nicht viel. Der Markt hat keine Gefühle und oft auch wenig Verstand. Gehandelt wird, was geht, auch auf dem Kunstmarkt. Das schnelle Aufspringen von Christie's etwa auf eine durch und durch kindische und zudem politisch fragwürdige Position wie Beeple zeigt das gut.

Warum sind NFTs mehr als nur eine Methode, digitale Kunst zu zertifizieren und handelbar zu machen?

Interessant ist, ob und wie diese Technik die ästhetische Wahrnehmung oder die Kunst strukturell verändern können, beziehungsweise neue Möglichkeiten zu den herkömmlichen Genres der Malerei Skulptur, Installation, Medienkunst hinzufügen. Ein unfälschbares Zertifikat ist ja zunächst einmal nichts Neues. Das Interessanteste bei jedem NFT ist aus unserer Sicht, wie es dann tatsächlich mit dem digitalen oder in manchen Fällen auch analogen Bildträger verknüpft ist. Da wird gerade auf allen Ebenen experimentiert: Es gibt sogenannte „reine“ NFTs, die aber auch verknüpft sind mit auf relativ konventionell erstellten Webseiten hinterlegten Bildern. Es gibt analoge Kunstwerke, die zusätzlich als NFT existieren etc. Das rein Virtuelle ist, wie einst das "Geistige in der Kunst“ Kandinskis, vielleicht nur eine Religion, wer weiß. Es kommt jedenfalls auch nicht ohne Bilder aus.

Wenn NFTs mit dem Versprechen antreten, die Kunst zu demokratisieren und Mittelsmänner/Gatekeeper auszuschalten, warum braucht es immer noch Galeristen?

Gatekeeper ist ein wirklich hässliches Wort für Galeristen, das auch gar nicht zutrifft. Es erweckt so ungefähr den Eindruck, dass gute und wichtige Künstler*Innen aus Machtinteressen von Galeristen vom Kunstmarkt ausgeschlossen würden, was - das merkt jeder sofort - natürlich totaler Quatsch ist, oder? Das Gegenteil ist der Fall. Wir verstehen uns eher als Ermöglicher. In der Regel sind es Galerien, die das Risiko tragen Künstler*Innen in ihren Anfängen zu entdecken, zu fördern und auszustellen. Fördern heißt weitaus mehr als nur verkaufen. Zu den Galerieräumen sind seit Kurzem verstärkt virtuelle Räume hinzugekommen. Alle Künstler*innen, die wir zusammen mit Kenny Schachter für die Ausstellung "Breadcrumbs" eingeladen haben, haben zugesagt. Das spricht doch für sich. Einen Webshop kann fast jeder eröffnen und wenn es Künstler*Innen gibt, die ohne Galerie arbeiten möchten, haben wir nichts dagegen.

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Anmerkung: Lesen Sie hier die artmagazine Kritik zur NFT-Ausstellung Breadcrumbs bei Nagel Draxler Köln

Mehr Texte von Stefan Kobel

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