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Mut zur Öffnung

Die Art Brussels Week 

Jetzt hat es doch geklappt! Nach mehreren vergeblichen Versuchen, Kunst und Publikum wieder im richtigen Leben zusammenzubringen, hat  die Art Brussels mit der Art Brussels Week eine Veranstaltung ersonnen, die flexibel auf die jeweiligen Gegebenheiten reagieren kann. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Galeriewochenende und Online-Messe. In vier Städten öffnen die Aussteller gemeinsam vom 3. bis 6. Juni ihre Räume, wobei viele das zeigen, was sie ursprünglich mit zur Messe bringen wollten. 39 Galerien in Brüssel, 19 in Paris, 15 in Antwerpen und immerhin sechs im Seebad Knokke, wo bei schönem Wetter viele Hauptstädter das Wochenende verbringen. Für jede Stadt gibt es einen gedruckten Plan und geführte Touren. Parallel findet im Internet auf Artsy eine Online-Version der Messe statt. Für die Galerien ergibt sich dadurch eine Vielzahl Möglichkeiten, ihre Präsentationen online und offline zu kombinieren.

Mendes Wood (Sao Paolo/New York) unterhält in Brüssel bereits seit 2017 seinen dritten Standort und zeigt mit Antonio Obá einen Vertreter der aktuell und besonders in den USA heiß begehrten „Black Figuration“. Die Ausstellung des 38-jährigen Brasilianers hätte eigentlich schon letztes Jahr in New York gezeigt werden sollen. Dieser Umstand erklärt wohl auch, warum die Gemälde (20.000 - 100.000 USD), die sich mit der Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung in Brasilien und den USA von der jüngeren Vergangenheit bis in die Gegenwart beschäftigen, bereits allesamt an Museen verkauft sind. Lediglich von den den filigraneren Zeichnungen sind bei Preisen ab 12.000 Dollar noch einige zu haben.

Von der vorhandenen Kaufkraft zeugen auch die beiden Ausstellungen bei Xavier Hufkens, dessen Haupthaus gerade umfangreich erweiter wird. In neu angemieteten Räumen sind die schwungvollen Abstraktionen der 44 -jährigen US-Amerikanerin Lesley Vance zu sehen. Die kleineren Formate starten bei 75.000 Dollar, die größeren kosten gar 275.000 Dollar.

Neu in der Stadt ist Nino Mier, der hier im Februar eine Filiale seiner Galerie in Los Angeles eröffnet hat. Der in Köln aufgewachsene Österreicher unterhält auch ein Pied-à-terre in Köln, scheint Brüssel jedoch für den internationaleren Standort zu halten. Sein kalifornisches Programm dürfte in dessen Einzugsbereich - Belgien, Paris, London - wohl auch besser ankommen. Die aktuell ausgestellten Gemälde der 1974 geborenen Mindy Shapero wirken wie bunte Hippie-Visionen von Dimensionslöchern . Alle Werke der immerhin schon dritten Ausstellung der erst im Februar eröffneten Filiale seien bereits verkauft, heißt es.

Während der dependance-Galerist Michael Callies Student bei Martin Kippenberger war, war der Künstler Thilo Heinzmann dessen Assistent; jetzt stellt der eine bei dem anderen aus. Auf weiß grundierten Leinwänden eröffnen wie versehentlich dort gelandete – jedoch gezielt gesetze - reine Pigmente Assoziationsräume (35.000 Euro), während die bildmäßigen Wandskulpturen mit gebogenen Blechen, Einschusslöchern und brutalen Einschnitten eher Beklemmung auslösen (40.000 Euro).

Auch für weniger Geld sind auf der Art Brussels Week Entdeckungen möglich. Sebastien Janssen fährt mit seiner Galerie Sorry We're closed zweigleisig. Bei Artsy zeigt er die ursprünglich für die Messe vorgesehenen „Soft Sculptures“ von Al Freeman, deren kissenartige Wandskulpturen tatsächlich Penisse aus Stoff darstellen. Sie kosten jeweils 3.000 Euro. In den neuen, von einem atemberaubenden Treppenhaus dominierten Galerieräumen, die gerade erst letzte Woche eröffnet wurden, bereitet er der jungen Französin Anastasia Bay einen großen Auftritt. Ihre zart abstrahierten Portrait-Köpfe kosten ab 3.500 Euro.

Rodolphe Janssen hat im Viewing Room seiner Galerie die ursprünglich geplante Messekoje aufgebaut, unter anderem mit Keramik-Objekten verschiedener, meist jüngerer Künstler. Der angrenzende Galerieraum ist der überbordenden Fantasie der knapp 30-jährigen Belgierin Lisa Vlaemminck gewidmet, die ihre Leinwände und Kunstharz-Objekt-Bilder mit spacigen Pflanzen, Glasperlen und Versatzstücken der poppigen Internet-Kultur zu biomorphen Farbdelirien komponiert.

Das Maison de Rendez-Vous ist ein Zusammenschluss der vier jungen Galerien LambdaLambdaLambda (Pristina); Lulu (Mexico-Stadt); Misako&Rosen (Tokio) und Park View/Paul Soto (Los Angeles). Letzterer ist  gerade an der Reihe und zeigt sowohl in der physischen Galerie wie auf der virtuellen Messe Reminiszenzen des 1988 geborenen Kaliforniers Andy Giannakakis an den (abstrakten) Expressionismus.

3.-6. Juni
www.artbrussels.com

1.-14. Juni
--> www.artsy.net/fair/art-brussels-week-2021/

Mehr Texte von Stefan Kobel

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