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Laura Poitras - Circles: Überwachen und Strafen

Die Option, Kunst als Gegenöffentlichkeit zu verhandeln, ist gerade heute besonders notwendig. Ist doch die einst als kritisch gedachte (journalistische) Medienlandschaft charakterisiert durch einen zunehmenden Bedeutungsverlust, den sie im wohl aussichtslosen Wettbewerb mit den sozialen Medien und ihren populistischen Verdummungsmechanismen erleidet. Die Filmemacherin und Künstlerin Laura Poitras nun nutzt diese Option der Kunst, wie jetzt im n.b.k. Berlin in ihrer Ausstellung „Circles“ zu sehen ist, auf überaus überzeugende Art und Weise.

In der in Kooperation mit dem Kollektiv Forensic Architecture und Sean Vegazzi erarbeiteten Ausstellung – übrigens die erste Einzelausstellung ihrer Kunst in Europa – wird also über prekäre Themen informiert, die in der Welt der News und Magazine eher, wenn über überhaupt, am Rande behandelt werden: Die (digitale) Überwachung durch Staat und private Unternehmen von Aktivist:innen, Journalist:innen und Menschenrechtler:innen ist ebenso Thema wie geheime Orte des Strafvollzugsystem in New York City und die dort angewandten inhumanen Praktiken des „Sicherheitsdienstes“. Außerdem wird hier in der Einsatz von Drohnen im Kriegsfall beziehungsweise für staatliche Nachrichtendienste kritisch thematisiert. In ihren Arbeiten setzt die Künstlerin, die für ihren Dokumentarfilm „Citizenfour“ 2014 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde,  vorwiegend auf eine ruhige, das Geschehen sorgsam abtastende Bildsprache, die, so akribisch wie es unter den schwierigen Umständen des meistens „heimlichen Beobachtens“ möglich ist, aufklärt statt nur anzuklagen.

Ein gutes Beispiel für die ästhetisch-aktivistische Strategie von Laura Poitras ist die Installation „Terror Contagion“, 2021, der die Ermittlungen von Forensic Architecture zu dem israelischen Cyberwaffenhersteller NSO-Group, dessen wirtschaftlichen Vernetzungen und den Einsatz des Überwachungsprogramms „Pegasus“, mit dem systemkritische Kräfte und ihre Arbeit ausspioniert werden, in ihren cineastischen Fokus nimmt. Die Arbeit ist im Wesentlichen so etwas wie eine Collage, die sich aus Aufnahmen des Arbeitsalltags der Künstlerin, Recherchebildern aus Mexiko, Togo und Saudi-Arabien etwa, Szenen diverser Polizeieinsätzen sowie aus Bildern von Videokonferenzen von Forensic Architecture zusammensetzt. Dazu kommt eine Dokumentation von sowohl digitalen wie physischen Übergriffen der NSO-Group weltweit. In der Tonspur schließlich ist ein minimalistisches, von Brian Eno gleichsam komponiertes Datenverarbeitungsprogramm zu hören.

Diese wichtige Präsentation steht im n.b.k. übrigens in einer Reihe mit Ausstellungen von (aktivistischen) Film- und Videokünstlern wie etwa Ursula Biemann, Hito Steyerl und Oliver Ressler. Also: unbedingt anschauen!

Mehr Texte von Raimar Stange

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Laura Poitras - Circles
18.06 - 08.08.2021

n.b.k. Neuer Berliner Kunstverein
10115 Berlin, Chausseestr. 128/129
Tel: +49 (0)30 280 70 20, Fax: +49 (0)30 280 70 19
Email: nbk@nbk.org
http://www.nbk.org
Öffnungszeiten: Di - Fr 12 - 18 Sa + So 14 - 18 h


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