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Özgür Kar - Macabre: Der Tod, das muss ein Wiener sein

Entspannt auf der Seite, den Schädel in die linke Hand gestützt, liegt er da der Tod im Kunstverein. So wie wir in den vergangenen Monaten oft die Welt vom Sofa aus gerettet haben, kann der Tod sich entspannen und muss gar nichts tun. Er hat seine Arbeit an die Pandemie delegiert, die ihre Aufgabe viel zu genau nimmt. Etwas gelangweilt monologisiert er über die neuen digitalen Zeiten und die Beschränkung der sozialen Kontakte auf TikTok, Instagram und so weiter.

Özgür Kar hat sich für seine erste Ausstellung in Wien, die gleichzeitig die Eröffnungsschau des Kunstverein Gartenhaus ist, mit dem Tod in der Pandemie und seiner eigenen Angst davor auseinandergesetzt, ganz ohne sich bewusst zu sein, dass er damit einen Mythos der Stadt trifft. Das Makabre und der Pomp Funèbre, die „schöne Leich‘“, scheinen durch das Virus noch stärker verbunden, gerade in Wien, das schon einmal eine Pandemie mit Musik und Alkohol überwunden haben will.

Neben dem Tod keimt in der Installation auch Hoffnung auf, denn ebenso entspannt hingestreckt liegt da dem Knochenmann gegenüber eine männliche Figur, die eine Flöte oder Klarinette in Händen hält. Die in der kirchlichen Musik des Mittelalters verbotene Halboktave – auch Tritonus oder Teufelsintervall genannt, unterbricht immer wieder den Monolog des Todes, scheint ihn zu besänftigen. Die Unruhe, die von der Dissonanz der Tonfolge erzeugt wird und die aus diesem Grund zum Spannungsaufbau in der Musik, von Barock bis Jazz und Hardrock verwendet wird, trägt hier zur Entspannung der Situation bei. Damit der Tod nach dem Abklingen der Pandemie ganz verträumt auf dem Sofa liegen bleiben und die Arbeit auch mal vergessen kann.

Özgür Kar gelingt es in seiner Installation einen Tod zu erschaffen, wie er wienerischer nicht sein könnte. Dass der neue Kunstverein Gartenhaus im siebenten Wiener Gemeindebezirk liegt, nur einen Steinwurf entfernt von der Pestgrube, aus der der „Liebe Augustin“ unversehrt herausklettern konnte, ist da nur noch ein weiteres Indiz dafür, dass die Kunst die Pandemie überwinden kann

Mehr Texte von Werner Remm

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Özgür Kar - Macabre
07.05 - 26.06.2021

Kunstverein Gartenhaus
1010 Wien, Coburgbastei, Parkring 12A
Tel: +43 660 2363177
Email: info@kunstverein-gartenhaus.com
https://kunstverein-gartenhaus.com/
Öffnungszeiten: Fr 12-18, Sa 12-16 h


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