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Lasst uns endlich die Quote verachten

"Wo is?n jetzt da Hos?" - "No eh do hinta de Leit - sigstn net?" - "Na!!!" - "No dann gemma halt wieda" - "I geh do net bevua i den Hosn net gsegn hob, hast vagessn, wos des einakumma kost hat?" - "Oba wannst eam eh net siagst" - "Oba wegn dem hosn samma jo do, da war i jo deppat, waon i ma den jetzt net a aschau". Das ist derzeit nur ein Dialog unter täglich unzählig ähnlichen in der Albertina. Denn in den unerträglich dicht gedrängten Menschentrauben wird vor Enttäuschung geschwitzt, geflucht, gejammert und gelitten. Und hin und wieder entschlüpft einem glücklich sich aus der ersten Menschentraubenreihe zurückquetschenden Bildbetrachter ein "wunderbar". Denn Quotenkaiser Albrecht hat wieder einmal so richtig zugeschlagen. Und er wird am Ende der Dürerausstellung mit stolzleuchtenden Augen eine geile mit vielen Nullen verzierte Besucherzahl verkünden, die die übrigen Wiener Museumsdirektoren wieder einmal ein paar Nächte nicht schlafen lassen wird, die Ministerin wird glücklich sein, die Fremdenverkehrsverantwortlichen werden den Direktor Schröder in ihr wirtschaftliches Abendgebet einschließen. Aber nichts wird mehr sein so wie früher. Denn diesmal hat der Quotenkaiser den Bogen überspannt. Denn die Zahl derer, die die Albertina nie mehr betreten werden, wird ebenfalls mit ein paar Nullen zu veranschlagen sein. Aber der Direktor würde dies wahrscheinlich nur erfahren, wenn er sich unter die gemeinen Besuchermassen mischen würde um die zahllosen Wutausbrüche, Enttäuschungen und die "niemehrwiedertuichmirdasan-Schwüre" mitzubekommen. Dann würde er sich vielleicht sogar etwas einfallen lassen, wie man die Besucherströme so "portioniert", dass fast jeder das sehen kann, weswegen er gekommen ist (vielleicht z.B. auch im Prado nachfragen, die haben das velazquezerprobt eigentlich recht gut im Griff). Aber Quotenkaiser haben sicher nur das große Ganze vor Augen. Und dieses große Ganze setzt sich zusammen aus dem mit möglichst hybriden Zahlen dokumentierbaren Erfolg und einem klar auf die eigene Zukunft gerichteten Karriereblick. Der Ablauf der Dürerausstellung ist jedenfalls ein Tiefpunkt der vermarkteten Eventunkultur. Ich will mir nicht vorstellen, dass es noch rücksichtsloser der Kunst und seinen Besuchern gegenüber geht. Ein Wunschtraum, denn ich weiß leider ohnehin - ein bissl schlimmer wird es schon noch gehen. Denn die Geilheit der Quote korrumpiert nun einmal ihre willigen Opfer.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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