Werbung
,

Steiermark Schau: was sein wird Von der Zukunft zu den Zukünften: Fragments of a Beauty

Neben „was war“ im Museum für Geschichte, das sich dem Verhältnis von Mensch und Natur widmet, „wie es ist“ im Volkskundemuseum, das eine Reflexion und kritische Befragung unserer Zeit anstrebt und dem mobilen Pavillon, der mit „wer wir sind“ das Selbstbild der Steiermark infrage stellt, widmet sich das Kunsthaus Graz in „was sein wird“ den Spuren des Zukünftigen. „Aus dem Aktuellen werden ferne und nicht allzu ferne Entwicklungen erfahrbar gemacht, die eine Gesellschaft der Zukunft multidimensional formen können“, heißt es im Katalog zur STEIERMARK SCHAU, die nach 15 Jahren das Format Landesausstellung erneuert und als Standortbestimmung wieder auflegt.
„was sein wird“ setzt sich aus verschiedenen Perspektiven mit den aktuellen Herausforderungen der Digitalisierung auseinander, mit dem Klimawandel, den schwindenden Ressourcen, der wachsenden Schere zwischen Arm und Reich wie auch der Überalterung. Kuratorin Barbara Steiner beschreibt „was sein wird“ als „keine reine Kunstausstellung, auch wenn Kunst eine wichtige Rolle spielt“. Sie zeigt kühne, mutige, visionäre, aber auch durchaus pragmatische oder verstörende Ideen, Überlegungen und Aktivitäten, die Möglichkeiten eines künftigen Handelns in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen eröffnen. „In seinem Leitbild beschreibt sich das Kunsthaus heute und für die Zukunft als Ort der dialogischen Bildung, der dafür da ist, möglichst alle Menschen als mündige Individuen für eine entscheidungs- und erkenntnisfähige Gemeinschaft zu fördern und anzuerkennen.“ ergänzt Kuratorin Katrin Bucher-Trantow. Dabei liegt die Zukunft mitunter auch in alten Kulturtechniken. „Ein geköhlerter Baum im Space01 verweist auf die Funktion von Pflanzenkohle im Humusaufbau. Die Mayas nutzten diese in einem ganzheitlichen Verständnis von Stoffkreisläufen, um kargen Boden fruchtbar zu machen und intensiv nutzen zu können, ohne ihn auszulaugen. Heute wenden Landwirt*innen in der Ökoregion Kaindorf dieses Wissen um die ‚Terra Preta‘ (Schwarze Erde) an, um im Boden CO2 zu speichern und von einer abbauenden zu einer aufbauenden Bewirtschaftung zu gelangen. Diese ganzheitliche Betrachtung zeichnet auch den Biologen, Ingenieur und Künstler Klaus Schrefler aus, wenn er das aufmerksame Beobachten der Wildnis und damit auch das dazugehörige Ruhen- und Sein-Lassen einfordert.“ Auch die Frage der eigenen Energiegewinnung beschäftigt das Kunsthaus. Onur Sönmez lässt dazu die BIX-Fassade während der STEIERMARK SCHAU nur so lange leuchten, wie die eigens dafür angebrachten Sonnenkollektoren am Dach die Leistung für die Lichtfassade liefern.

Zudem wurde auf dem Vorplatz eine kleine Kunsthalle installiert. Diese öffnet sich immer dann, wenn das Kunsthaus schließt. Alfredo Barsuglia etabliert damit eine Idee des Antihierarchischen, indem er in „Suahtsnuk“ über die sozialen Netzwerke und eine Homepage all jene einlädt, die Teil der STEIERMARK SCHAU werden möchten. Automatisiert und unkuratiert wird ein Slot von zwei Wochen im kleinen, prominent positionierten Ausstellungsraum zugewiesen. „Die Auswahl könnte in einer digitalisierten Welt absolut global sein.“ erklärt Bucher-Trantow. „Da laut Vertrag selbstständig installiert und ohne Unterstützung auch wieder abgebaut werden muss, wird die Arbeit auch zum Experiment über die Bereitschaft zur Selbstausbeutung bei Künstler*innen.“ Damit lagert Barsuglias Beitrag Verantwortung auf Einzelne aus und erinnert daran, dass den großen Institutionen das Vorurteil anhaftet, sich nicht ausreichend für die Existenzsicherung der Künstler*innen einzusetzen. Die Arbeit eröffnet auch eine Diskussion darüber, welche Möglichkeiten und Verantwortung Institutionen in Zukunft haben.

„wer wir sind“ beschreibt die Gegenwart des Lebens innerhalb eines politischen Raums. „Die Erfahrung eines ‚Wir‘ ist notwendig im Leben, als Erfahrung einer emotionalen Bezogenheit und Verankerung in der Welt“, leitet Kuratorin Astrid Kury in die Wanderausstellung ein. Ein indirekter Zugang zur Frage, wer wir sind, zeigt sich in den Landschaften. Es lassen sich darin individuelle wie gesellschaftliche Werte, Handlungen und Entscheidungen ablesen. Es interessiert die „Landschaft als Begriff, der Beziehungen beschreibt“, erläutert Kury das Hauptmotiv. „Die Hoffnung ist halt, dass man irgendwann einen Aussichtspunkt erreicht, von dem aus man vielleicht anders wieder auf die Landschaft draufblicken könnte und die Landschaft vielleicht in ihrer Möglichkeit und nicht in ihrer Unmöglichkeit sieht.“ (Ferdinand Schmalz)

Titelgebendes Zitat: Manfred Erjautz, Fragments of a Beauty (From Stone to Stone), 2021

Mehr Texte von Bettina Landl

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Steiermark Schau: was sein wird Von der Zukunft zu den Zukünften
10.04 - 31.10.2021

Kunsthaus Graz
8020 Graz, Lendkai 1
Tel: +43/316/8017-9200, Fax: +43/316/8017-9800
Email: info@kunsthausgraz.at
http://www.kunsthausgraz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: