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Cäcilia Brown | Imi Knoebel: Krumme Geschichten und das Material

Bis jetzt hat man das skulpturale Werk der 37jährigen Cecilia Brown in Österreich meist in Relation zu den einheimischen Protagonisten dieses Kunstmediums, wie Franz West und Heimo Zobernig oder der jüngeren Generation gesehen.

Nun trifft Cecilia Brown, deren Skulpturen sowie das von ihr benutzte Material hauptsächlich in Verbindung mit dem öffentlichen Um(Raum) entstehen, in der Galerie Gabriele Senn auf den Maler und Bildhauer Imi Knoebel (*1940) – einen der bekanntesten Beuys-Schüler und Klassiker des deutschen, manchmal verspielten Minimalismus der 1990er Jahre. Obwohl Brown dessen künstlerische Position, wie sie behauptet als „überhaupt nicht naheliegend“ empfindet und sein Werk vorwiegend aus Abbildungen kennt, reizt sie die provokative Gegenüberstellung und sie nimmt diese als Herausforderung an.

Das Erste was dabei auffällig erscheint ist das diskontinuierliche Spiel von Strukturen und Oberflächen. Bei Knoebel sehen sie industriell glatt, geometrisch und modern rasterartig aus, bei Brown sind sie zeitlos gekrümmt, fragil und porös, wenn nicht sogar durch und durch löchrig. Knoebels großformatiges mehrteiliges Wandobjekt gleich am Eingang zur Galerie referiert rhythmisch und farbmäßig in der Deklination der Farbe Rot auf das Formvokabular des russischen Konstruktivismus und deutet im Titel Russisch Brot I eine historische (vermutlich tragische) Narration an. Die Arbeit strahlt jedenfalls die Wirkungskraft eines noch dem Erhabenen verpflichteten Denkmals aus.

Es gehört eine gewisse Coolness dazu, mit einem Stück Keramik genannt Tunnelfragment #1, das nicht mal 1 Meter lang und 45 cm hoch ist, dem zweiteiligen knoebelischen „Giganten“ Paroli zu bieten. Im Unterschied zu seinem aus monochromen Tafeln kompilierten Werk ist das Wandobjekt von Brown selbstgebrannt, prozesshaft und fast farblos, obwohl es anhand des zufallsgebundenen, durchgemischten Kolorits ins Auge springt. Wie der deutsche Künstler mag aber auch die Wienerin verschiedene geschichtliche Gedankenstränge und Narrative in ihren Arbeiten assoziativ zu verknüpfen. Anstatt sich jedoch dem Allgemeinen zu verschreiben geht sie von ganz konkreter Material-und anekdotenhafter Historizität aus. Die Titel ihrer Skulpturen Tunnelfragment #1und Tunnelfragment #2 verweisen dem zufolge auf die aktuelle U-Bahnbaustelle am Wiener Matzleinsdorfer Platz, in dessen Gegend bereits zu Zeiten der Monarchie Arbeiter aus den sogenannten Kronländern für die Wiener Ziegelwerke „unter miserablen Bedingungen“ schufteten.

Die Ausstellung vergegenwärtigt uns also, wie die aktuelle Kunst als symbolische Aktivität die sozialen Diskurse erneut verdichtet, insbesondere dann, wenn es sich um die Kritik an spezifischen Orten, Handlungen oder Ereignissen handelt. Es ist nichts weniger als ein Paradigmenwechsel, der der Künstlerin hier gelingt.

Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Cäcilia Brown | Imi Knoebel
11.03 - 30.04.2021

Gabriele Senn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1 a
Tel: +43 1 585 25 80
Email: office@galeriesenn.at
http://www.galeriesenn.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-17h, Sa 11-14h


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