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Neusachliche Noblesse für Reisende

Dass finanzielle Potenz und ästhetisches Empfinden unabhängige Größen sind, ist immerhin tröstlich. Schnell wird man jenes ubiquitären Spannteppich-Messing-Stilmöbel-Stylings müde, das Oberklasse-Hotels weltweit kennzeichnet und sich stets am kleinsten gemeinsamen Nenner einer Semantik orientiert, die Solidität und Distinguiertheit vermitteln will, aber letztlich nur für Gesichtslosigkeit steht. Positive Gegenbeispiele finden sich denn auch hauptsächlich im kleinen Häusern, die nicht auf größtmögliche Akzeptanz angewiesen sind, sondern eine bestimmte Klientel ansprechen. Nach dem Tulbingerkogel-Hotel ist nun eine architektonisch ähnlich qualitätvolle Unterkunft im Zentrum Wiens entstanden. Die Pension mit nur neun (Doppel-)Zimmern vermittelt die warme Atmosphäre eines temporären Zuhauses schon im Foyer. Leitfarben sind das gebrochene Weiß der Wände, das Dunkelbraun des Parketts, der beiden Sofa-Sitzgruppen und der lederbezogenen Empfangstheke und das Orangerot der Lampenschirme und des Teppichs. Eine kleine Bibliothek an der Rückseite des Counters, Stehlampen, ein offener Kamin und ein Klavier vermitteln Wohnwärme, ohne auf Pseudo-Historisches oder Design-Gimmicks zurückgreifen zu müssen. Nur eine grafisch abstrahierte Detailansicht des Riesenrads an der Textilbespannung der abgehängten Decke stellt einen Wien-Bezug her. Keine Bilder, nur Architektur: Eine Vorgabe des Bauherrn, die der Konzeption Christian Prassers entgegenkam. Hofseitig schließt sich ein in dunklem Holz und Leder gehaltener Frühstücksraum mit Bartheke und französischen Fenstern an. In den großzügigen Zimmern nimmt jeweils eine Eichenholzwand Minibar, Schränke, Fernseher und die Falttüren zu den Badezimmern auf, die mit matten blaugrünen oder anthrazitgrauen Steingutfliesen ähnlich denen in Otto Wagners Stadtbahn-Stationen ausgelegt und an schlichter Noblesse schwer zu übertreffen sind. Bei überraschend moderaten Preisen hat die "Beletage" für Wiener nur einen Nachteil: dass sie in Wien ist.
Fotos: Arno Gisinger
www.hollmann-beletage.at www.cp-architektur.com
Mehr Texte von Iris Meder †

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