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Wände | Walls: Dialog mit der Wand

Das Kunstmuseum Stuttgart verfügt über einen nachgerade perfekten Bereich für Sonderausstellungen. Drei Etagen übereinander, zwei davon durch eine Galerie miteinander verbunden, das gibt die Option, Objekte aus größerer Entfernung zu betrachten oder auf Installationen herabzublicken, auch ergibt sich durch diese räumliche Konstellation eine Wand, die sich über zwei Stockwerke erstreckt.

Man könnte nun darüber berichten, wie spektakulär sich an jener Wand zur Zeit in luftigen Höhen Maurizio Cattelans ausgestopftes Pferd ausmacht, das inmitten einer Kapriole mit dem Kopf in der Wand stecken geblieben zu scheint. Man könnte mit dem imaginären Rundgang der Ausstellung Wände I Walls der auf der untersten Ebene beginnen, die dem Aspekt der Wand in ihrer Funktionalität gewidmet ist, gefolgt von der Wand im musealen Kontext und der Wand als Gegenüber. Man könnte dann ebenso noch berichten, dass die von Anne Vieth kuratierte Schau Teil eines größer angelegten Kooperationsprojektes ist.
Während im Kunstmuseum Stuttgart Wände in Innenräumen thematisiert werden, richtet sich der Blick von „Grafitti im Kessel“ auf die Graffitikultur in der Schwabenmetropole. Zudem wurde das Innere des Bonatzbau am Hauptbahnhof vor dessen Generalsanierung zur temporären Hall of Fame für die regionale Szene. Mittlerweile wurde ein Teil der Exponate versteigert. Das alles wäre ganz wunderbar und womöglich wäre diese Besprechung eine Anregung für einen Ausstellungsbesuch vor Ort, wenn wir nicht alle dazu angehalten wären, die überwiegende Zeit unseres Alltags-, Berufs- und Freizeitlebens in unseren eigenen vier Wänden zu verbringen.

Ob nun privat oder institutionell, Wände schützen, trennen, schließen ein oder aus, sind Bildträger wie Projektionsfläche und das Kunstmuseum Stuttgart setzt gemeinsam mit den Kooperationspartnern alles daran, die Werke, Ideen und Theorien, die hinter dieser überaus aktuell gewordenen Thematik stehen, in den digitalen Bereichen der beiden Museen zugänglich zu machen. Neben vier kulturhistorisch und theoretisch einführenden Clips und Führungen der Kuratorin zu Einzelwerken, gibt es eine wachsende Zahl an Interviews mit den beteiligten Künstler*innen, zudem finden sich die ausführlichen Ausstellungsfolder (Katalog gibt es leider keinen) zum Download. Freilich ersetzt das keinen Museumsbesuch, doch zeigt es ganz vorbildhaft und kurzweilig, wie vielfältig und tiefgreifend sich derlei online vermitteln lässt.

1979, so erzählt Ernst Caramelle in seinem kurzen Statement, habe er als ersten Akt in seinem eben bezogenen New Yorker Studio den Wänden stilisierte Gesichtsformen verliehen. Die Augen zwei kleine flimmernde Monitore, der Mund ein Streifen von Knetmasse, gemeinsam die Idee einer Besetzung des Raumes, die für Caramelle heute noch viel an Auseinandersetzungspotential verkörpert und immer wieder modifiziert zu neuen Werken wird. Vielleicht sollten wir das für die nächste Zeit übernehmen: „Lasst Wände sprechen...!“

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Mehr über die Ausstellung „Graffiti im Kesel“ auf der --> Website des StadtPalais

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Wände | Walls
26.09.2020 - 30.05.2021

Kunstmuseum Stuttgart
70173 Stuttgart, Kleiner Schlossplatz 1
Tel: +49 (0) 711 – 216 21 88, Fax: +49 (0) 711 – 216 78 20
Email: info@kunstmuseum-stuttgart.de
http://www.kunstmuseum-stuttgart.de
Öffnungszeiten: Di-So: 10-18 Uhr, Fr: 10-21 Uhr, Mo: geschlossen


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