Werbung
,

Bela Kolárová. Retrospektive zum 80. Geburtstag: Konkretion des Nagellacks

Ein Schiele-Museum in Krumau - das hätte leicht schief gehen können, zumal man so gut wie keine Originale zu bieten hat. Ein Heimatstuben-Touristennepp mit gerahmten Reproduktionen ist es dennoch nicht geworden. Die großzügigen Räume einer ehemaligen Brauerei an der Moldau bieten seit einigen Jahren neben einer kleinen Schiele-Dauerausstellung Platz für derzeit vier Wechselausstellungen. Die Rückseite des Komplexes sollte man sich zwar lieber nicht anschauen; in allen dem Publikum zugänglichen Bereichen sind die Spuren des letztjährigen Hochwassers aber komplett beseitigt. Von den derzeitigen Ausstellungen, darunter eine große Kubin-Personale, ist die Bela-Kolárová-Retrospektive die witzigste und überraschendste. Die collagierten und gepressten Assemblagen, Fotomontagen und Bildgedichte des 2002 verstorbenen Jirí Kolár waren im Ausland immer recht populär, auch weil er nach der Unterzeichnung der Charta 77 nach Paris emigrierte. Das Werk seiner Frau Bela war dagegen im deutschen Sprachraum bisher kaum bekannt. Ihr Werk ist in deutlicher Symbiose mit Kolár entstanden, hat aber auch völlig eigenständige Züge. Kolárovás erstes Medium war seit den fünfziger Jahren die Fotografie. Neorealistischen Momentaufnahmen des Prager Straßenlebens folgten experimentelle Techniken vom Fotogramm bis zur Herstellung künstlicher Negative durch Ritzen oder Bekleben des Films. Der Kreis der maximalen Abstraktion schließt sich in der Konkretion: Mit banalen Materialien wie Haarnadeln, Druckknöpfen, Streichholzheftchen oder Haaren, die als abstrakte Strukturen behandelt werden, arbeiten die seit den frühen sechziger Jahren entstandenen Assemblagen. Ironische Selbstreflexion kennzeichnet die Bezugnahme auf Attribute weiblicher Rollenbilder, etwa in Musterblättern mit Lippenstift-Farben und Nagellack-Proben oder konstruktiven Kompositionen von Nähnadelheftchen aus farbiger Alufolie. Eine Präsentation von Kolárovás Arbeiten auch hierzulande würde man sich wünschen.
Mehr Texte von Iris Meder †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Bela Kolárová. Retrospektive zum 80. Geburtstag
01.11.2003 - 02.05.2004

Egon Schiele Art Centrum
38101 Cesky Krumlov, Siroká 70-72
Tel: +420-380-70 40 11, Fax: +420-380-71 11 91
Email: schiele.art.centrum@ck.ipex.cz
http://www.schieleartcentrum.org
Öffnungszeiten: täglich 10 - 18 Uhr


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: