Johanna Binder - Merotopia:
Die Galerie als Atelier-Biotop
Ein Merotop bezeichnet in der Ökologie einen kleinen Ausschnitt eines Biotops mit durch besondere Struktur bedingter besonderer Lebensgemeinschaft. (Wikipedia) Merotope findet man z.B. in Terrarien, die komplexe und größere Lebensräume auf kleinstem Raum simulieren.
In der Ausstellung von Johanna Binder in der Galerie Sophia Vonier, finden sich mehrere solcher (Gedanken)Merotope, in denen die Künstlerin ihre unterschiedlichen Arbeitsweisen neu kombiniert und zur Diskussion stellt.
Der von außen gut einsehbare Galerieraum erscheint aus der Straßenperspektive wie das Diorama einer Ateliersituation. Eine Vielzahl an Kunstwerken sind zu einem kreativen Setting arrangiert, das unterschiedlichste Schaffenszyklen der Künstlerin zu dokumentieren scheint. Betritt man die Galerie, mutiert man vom Betrachter zum (nun von außen beobachteten) interagierenden Bewohner dieses künstlerischen Habitats. Die Bezüge der einzelnen Arbeiten zueinander sind durch ihre räumliche Anordnung zwar implementiert, jedoch keineswegs zwingend vorgegeben.
Die Fraßspuren von Borkenkäfern an einem Baumstamm werden von einer gelblich-grün leuchtenden Neonröhre konterkariert. Gleichzeitig werden sie in einer kleinen Malerei an der gegenüberliegenden Wand wiederaufgenommen, und so eine Verbindung zu einem weiteren Setting hergestellt. Röhrenartige Skulpturen tragen an ihren Spitzen amorphe Strukturen oder sogar Haare, die (mögliche) Bezugnahme auf zwei große Leinwände dahinter wird jedoch durch einen LED-Lichterschlauch am Boden verweigert. Der leicht verschwommenen Fotografie eines von der Künstlerin arrangierten Terrariums ist eine abstrakte Malerei beigestellt, in deren Oberfläche unregelmäßige Löcher klaffen, die wiederum Assoziationen von Organischem eröffnen.
In manchen Werken beginnt Johanna Binder mit Linienstrukturen oder Zahlenfolgen, die sich im weiteren Entstehungsprozess jedoch auflösen, unterbrochen, oder von neuen Strukturen überlagert werden. Die strenge Geometrie dient der Malerin nur als Orientierung am Beginn ihrer Kreationen. Der weitere Entstehungsprozess offenbart dann gedankliche Abschweifungen, neue Ideen und Lösungswege, die in den Arbeiten nachvollziehbar werden.
Die Werke der Ausstellung können natürlich auch jeweils für sich bestehen, Johanna Binder führt die Betrachter*innen jedoch in dieser Ausstellung weg von der Rezeption des Einzelwerks, hin zum Verständnis der künstlerischen Kreation als komplexer Lebensraum.
10.07 - 15.08.2020
Galerie Sophia Vonier (alter Standort)
5020 Salzburg, Wiener-Philharmoniker-Gasse 3
Tel: +43 664 15 75 870
Email: mail@galerievonier.com
https://www.galerievonier.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18. Sa 10-16 h