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Verloren im Spielplan

Dass die Viennale dieses Jahr so gut war wie schon lange nicht, machte es nicht gerade einfach. In vier Wiener Kinos wurde gleichzeitig projiziert und so wiederholte sich die Dilemmafrage Tag für Tag: Worauf kann man schweren Herzens verzichten? Da von den Spielfilmen etwas mehr als ein Drittel bereits einen Verleih in Österreich haben, kann man darauf hoffen, das eine oder andere im Kino nachzuholen. Für Dokumentationen, deren Auswahl dieses Jahr extrem gelungen war, sieht es damit allerdings eher schlecht aus. Einer der Filme, die bereits regulär in den Kinos angelaufen sind, ist Lars von Triers "Dogville", unzweifelhaft der Höhepunkt der diesjährigen Viennale. Er vereint eine Passionsgeschichte mit brutalem, überraschendem Schluss mit Reflexionen über die Mittel des Filmischen, die er bestätigt, indem er sie boykottiert. Überhaupt stellten sich einige der schönsten Momente dieses Festivals gerade dann ein, wenn es inhaltlich um Film und Kino ging: Die grandiose, wie eine wissenschaftliche Arbeit aufgebaute Doku "Los Angeles plays itself" von Thom Andersen zum Beispiel bestand zum Großteil aus Filmausschnitten, in denen markante Teile der Stadt eine Rolle spielen. Und in dem lakonischen, melancholischen Spielfilm "Bu san" ("Goodbye, Dragon Inn") des taiwanesischen Regisseurs Ming-liang Tsai sah man 82 Minuten lang, was sich während der letzten Vorstellung eines riesigen alten Kinos in dem Gebäude abspielt. Der große Reiz der Viennale ist, dass Jahr für Jahr das Wiener Publikum Filme aus aller Welt zu sehen bekommt, die normalerweise ihren Weg nie in ein österreichisches Kino fänden. So war es auch dieses Mal eine große Freude, Filme wie Idrissa Ouédraogos märchenartige Historie "La Colere des Dieux" oder die Liebestragödie "Mil-Ae" des Südkoreaners Young-Joo Byun vorgeführt zu bekommen. Sucht man nach einem zentralen Motiv der diesjährigen Viennale, so ist es am ehesten das Lakonische, Nachdenkliche, das sich in der Schilderung eines ganz normalen Tages an einer amerikanischen Highschool, der in einem Blutbad endet (Gus Van Sants "Elephant") ebenso finden lässt wie in Darstellungen eines Lebens mit Schuld ("The Brown Bunny" von Vincent Gallo oder "Catharsis" des Japaners Katsumi Sakaguchi). Nicht jedes Mal, aber etwas zu oft kam Langeweile dabei auf. Doch diese war zumindest sehr, sehr gepflegt.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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