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art genève: Hanf in Genf

Thomas Hug ist eine ungewöhnliche Figur für den Job eines Kunstmess-Direktors. Der gelernte Musikwissenschaftler hat schon mit seiner Band zur Eröffnung seiner art gènève aufgespielt.

Aktuell plant er für März das Festival "Blind Date Berlin" mit acht Bands in London unter dem Motto "Art Gènève on tour". Auf die Idee muss man erst einmal kommen. Und sie seinen Investoren verkaufen. Doch die scheinen ganz zufrieden zu sein mit der Leistung ihres Impresarios. Immerhin setzt er nach der 2012 ins Leben gerufenen art gènève und der artmonte-carlo (seit 2016) mit art moscow curated im Mai jetzt schon eine dritte Schau auf. Die soll zugegebenermaßen erstmal ein Testballon im dortigen Architekturmuseum mit 25 kuratierten Positionen sein. Für das nächste Jahr besteht dann die Option auf die Manege vor den Toren des Kremls.

In seiner Heimat hat der Schweizer jetzt mit der neunten Ausgabe eine Verkaufsschau abgeliefert, die ein bisschen an das Untergeschoss der Art Basel erinnert oder an die Zeitgenossen-Abteilung der Tefaf, nur weniger aufgebrezelt und hektisch. Und nicht hanz so hochpreisig. Doch immer mehr der ganz Großen geben sich hier ein Stelldichein.

Neu dabei ist Levy Grovy aus New York, Hongkong und neuerdings auch Zürich, wo die Galerie Levy Gorvy Rumbler heißt, weil an diesem Standort der von Christie's gekommene Andreas Rumbler mit an Bord ist.

Dominique Levy stammt selbst aus Genf, und sie erklärt bereitwillig, warum sie erst jet an ihrer Heimatmesse teilnimmt: "Ich glaube, es ist eine Messe, die eine Zeit brauchte, sich zu entwickeln. Die Galerie in Zürich haben wir seit einem Jahr. Zudem komme ich von hier. Die drei Faktoren haben zu der Entscheidung geführt, dass es an der Zeit war, hier auszustellen."

Mit der Art Basel bedeutet das die zweite Messe in der Schweiz für sie. Für dieses Doppelengagement nennt sie einleuchtende Gründe, die wohl für fast alle Teilnehmer gelten: "Jetzt ist eine andere Zeit im Jahr, und das hier ist die französische Schweiz, nicht die deutsche. Die Messe ist nicht so überlaufen und hektisch. Außerdem verbringen um diese Zeit viele Menschen ihren Urlaub hier." Das Wort Chalet fällt in fast jeder Unterhaltung über die Kunden der Messe.

Jenseits der lobenden Worte hat sie allerdings auch Wünsche an die Leitung: "Ich finde es schade, dass Design gecancelt wurde. Ich glaube, die Messe muss wachsen und ihre Identität finden. Das muss nicht unbedingt mit Design sein, das können Uhren, Schmuck oder andere Dinge sein." Denn die Kooperation mit der Designmesse PAD ist nach zwei Ausgaben beendet. Stattdessen ist in diesem Jahr Videomesse Loop aus Barcelona zu Gast, wo mit der Wiener Galerie Kargl einer von insgesamt lediglich zwei österreichischen Ausstellern präsent ist.

Die andere ist Christine König, ebenfalls aus Wien, die bereits zum fünften Mal dabei ist. Christine König: „Ich war viele Jahre in Basel. Eines Tages habe ich gemerkt, dass das nicht mehr meine Welt ist, weil sowohl die Kuratoren als auch die betuchten Sammler nur mehr zielgerichtet zu den großen Galerien gerannt sind, um die Künstler zu kaufen, die wir teilweise über Jahre aufgebaut haben.“ Sie gehört zu den wenigen Ausstellern, die ausschließlich mit aktuellem Galerieprogramm angereist ist und nicht mit hochpreisigerer Handelsware. Unter anderem zeigt sie Ira Svobodovàs (Jahrgang 1986) Architektur andeutende geometrische Abstraktionen, die in größerem Format 6.000 Euro kosten.

Urs Meile aus Luzern und Peking ist erstmals hier. Er zeigt von ganz jungen (Rebekka Steiger, 26, Großformat 18.000 CHF) bis arrivierten (Qiu Shihu Jahrgang 1940, Soloshow, monochrome Leinwände 70.000 bis 170.000 CHF) Positionen ebenfalls aktuelle Produktion, die über die Jahre auf der Messe an Präsenz zugunsten des Sekundärmarkts eingebüßt hat.

Zur Beibehaltung der Balance bietet die art genève an den äußeren Umgängen ein breites Spektrum hat Sonderschauen von Museen, Stiftungen, Privatsammlungen und Off-Räumen sowie die Präsentation eines Herstellers von Hanfschnaps, der einen großen Sack voll des intensiv duftenden Ausgangsmaterials in die Halle geschüttet hat. In Genf, wohlgemerkt, nicht in Wien oder Amsterdam.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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art genève
30.01 - 02.02.2020

Palexpo
1218 Le Grand-Saconnex, Route François-Peyrot 30
http://www.artgeneve.ch


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