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ARCO 2019: Der König muss brennen

Jedes Jahr ein politischer Aufreger auf der Arco in Madrid. Das ist auch nicht so schwer in einer konstitutionellen Monarchie mit sowohl kolonialer, als auch faschistischer Vergangenheit und einer von Separatistenbewegungen geprägten Gegenwart. Santiago Sierra scheint dieses Pferd immer weiter reiten zu wollen, auch wenn das bedeutet, immer noch eins draufzusetzen, weil sich Skandalthemen irgendwann abnutzen. In diesem Jahr testet er die Geschmacksnerven mit einer vier Meter hohen, 200.000 Euro teuren Figur des Königs aus, die der potentielle Käufer innerhalb eines Jahres verbrennen muss. Die Mailänder Galerie Prometeo erklärt auf Anfrage, dass dies wahrscheinlich auch öffentlich geschehen würde, wenn der Käufer aus Südamerika stammt. Postkoloniale Traumabewältigung der billigen Art.

Über diesen makabren Klaumauk drohen die wichtigen Themen der Messe in den Hintergrund zu geraten. Zum einen verlässt Direktor Carlos Urroz nach neun Jahren die Arco, die er 2010 an einem Tiefpunkt übernommen hat. Jetzt übergibt er die Leitung in die Hände seiner bisherigen Nummer Zwei, Maribel Lopez in einer soliden Position.

Sie ist ebenso lange dabei wie er und wird wohl keine wesentlichen Neuerungen einführen. Die etwas aus der Zeit gefallene Tradition der Präsentation von Gastländern möchte sie jedoch überdenken. Schon in diesem Jahr gibt es eine Modifikation: Gastland ist Peru, allerdings wurden nicht wie bisher Galerien von dort eingeladen, sondern Künstler. Dabei spielt es keine Rolle, wo ihre wirtschaftlichen Repräsentanten ansässig sind. Das hat dem Format gut getan.

Weiterhin ist es erfreulich, dass mehr europäische Galerien die Vermittlerfunktion Madrids nach Lateinamerika nutzen und vermehrt entsprechende Positionen aus ihrem Programm mitgebracht haben, etwa Martin Janda aus Wien, der eine Zweier-Koje in den Dialogos für Tania Pérez Córdova und Alessandro Balteo-Yazbeck aus Mexiko und Venezuela gebucht hat.

Thomas Krinzinger aus Wien kennt die Messe von Anfang an, seit 1982 nimmt die Galerie hier teil. Sie hat daher eine profunde Sammlerbasis vor Ort. Gleichwohl stellen lateinamerikanische Kunden einen bedeutenden Anteil. So konnte er schon am ersten Tag die Produktion einer raumgroßen Installation von Hans op de Beeck für eine mexikanische Stiftung vereinbaren. Seiner Beobachtung nach reist diese Kundschaft seit Trumps Wahlsieg lieber nach Spanien als nach Florida.

Sebastian Klemm aus Berlin freut sich ebenfalls über das erfrischend andere Publikum in Madrid. Nach einem Tag habe er schon gut zwei Dutzend neue Kontakte gemacht, obwohl seine Berliner Galerie Klemm's nicht zum ersten Mal teilnimmt. So traurig es sei, die politische Situation auf den beiden amerikanischen Kontinenten helfe dem Marktplatz Madrid.

Crone aus Wien und Berlin profitiert ebenfalls von der beständigen Präsenz, wie Andreas Osarek erklärt. Der thematische Stand mit kubanischer Kunst vor drei Jahren habe der Galerie treue Kunden beschert, die jetzt auch das übrige Programm schätzten. Spanische Sammler schätzten die Kontinuität, Spontankäufe seien selten, aber wenn man fortgesetzt präsent sei, zahle sich das aus.

Rosemarie Schwarzwälder setzt auf eine kleine Solo-Show für Ernst Caramelle, dem das Mumok in Wien gerade eine große Einzelausstellung widmet. Auch das ist ein Verkaufsargument, das in Madrid durchaus gehört wird.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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ARCO 2019
27.02 - 03.03.2019

ARCO
28042 Madrid, Parque de Juan Carlos 1
http://www.arco.ifema.es


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