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Vom Horror der Kunst: Verwegenheitslösung

Was für ein Thema! Was wäre das für eine Ausstellung, die nicht nur Walter Benjamin als modischen Stichtwortgeber mit sich herumschleppt, sondern fragt, wie das ist mit seinen Thesen über den Begriff der Geschichte. Kulturgüter, so schreibt Benjamin, seien samt und sonders von einer Abkunft, die man "nicht ohne Grauen bedenken kann". Doch ein solches Grauen ist nicht das des Grazer Kunstvereins. Hier heißt das Grauen Horror, und dieser "Horror der Kunst" mit das Vage bespielendem bestimmten Artikel ist ein Genre. Das ist dann nicht schrecklich, sondern dessen Gegen- und damit Todesurteil: Es ist nett. Der junge Münchner Andreas Hofer etwa sampelt Comic-Visionen und Dritte-Reich-Devotionalien zu ganz witzigen Collagen mit Totenkopf- und Runen-Romantik. Stan Douglas darf es wieder mit seiner "Suspiria"-Liveschaltung versuchen, die schon auf der letzten documenta für viel Aufwand und wenig Nutzen gesorgt hat. Etwas Syberbergisch-Düster-Achtzigerjahremäßiges wallt insgesamt durch die sowieso wenig aufs Sublime eingerichteten Räume, besonders am hinteren Ende des Parcours, wo sich mit Jutta Koether, Stephen Parrino und Dirk Bell gleich drei der Teilnehmenden ins Schwarze werfen. Am triftigsten noch die Arbeit von Markus Schinwald, ein Video-Trip durch ein Hotel, dem das einschlägige Filmrepertoire mit den obligatorisch zwielichtigen Figuren und die eigene Gutgemachtheit tatsächlich so etwas wie Thrill verleihen. Gewährsfigur der Schau ist ausgerechnet Christof Schlingensief mit seinem gerade auf der Biennale ausgebreiteten "Church of Fear"-Theater: Die Plauder- als Schaudertasche. "Angst ist Macht", lässt der Regisseur verlauten, und das ist dann die große Verwegenheitslösung. Ungefähr so wie Pinkeln in den Wolfgangsee. Das hat mit Grauen, siehe oben, verständlicherweise nichts zu tun. Bestenfalls ist es ein wenig grauslich.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Vom Horror der Kunst
27.09 - 30.11.2003

Grazer Kunstverein
8010 Graz, Palais Trauttmansdorff, Burggasse 4
Tel: + 43 316 83 41 41, Fax: + 43 316 83 41 42
Email: office@grazerkunstverein.org
https://www.grazerkunstverein.org/
Öffnungszeiten: Mi-Fr 11-18 h


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