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Picasso.Chefs-d’Œuvre: Hang zum Meisterwerk

„Mein Fräulein, Sie haben ein interessantes Gesicht. Ich möchte Sie malen. Ich bin Picasso.“ Der Name sagt der angesprochenen 17-jährigen mit den blonden Haaren und dem markanten Profil zwar nichts, doch wird Marie-Thérese Walter sein Modell, später Geliebte, noch später die Mutter von Picassos zweitem Kind Maya. Man schreibt das Jahr 1927, der 45-jährige Picasso ist bereits am Zenit seines Erfolgs angelangt und wird dort bleiben. Nach einer blauen und einer rosa Periode, nach einer kubistischen Phase war der Meister klassizistisch geworden, wandte sich nun wieder Neuem zu, interessierte sich zunehmend für die Bildhauerei. Egal was er tun würde, der Erfolg – auch kommerzieller – war ihm sicher. „Ich wollte Maler werden und bin Picasso geworden“ wird er, der mit einem immensen Selbstbewusstsein ausgestattet ist, irgendwann sinnieren.

Doch was macht ein Werk zum Meisterwerk? In einer ebenso unaufgeregten wie souveränen Schau geht das Pariser Picasso Museum nun der Frage nach, wie manche Arbeiten des Künstlers, dem das Haus verpflichtet ist, zu jenen Meisterwerken wurden, als die sie heute gelten. Um es vor ab zu sagen, die Ausstellung selbst ist eine Meisterleistung, denn sie huldigt nicht alleine einzelnen Werken, sondern hebt in wohlinszenierten Räumen deren Qualitäten hervor, verfolgt Rezeptionswege, gibt Einblicke in die zeitgenössische Kritik und legt Korrespondenzen offen.

Staunend liest man von den Protesten der Basler Jugend, die sich 1969 unter dem Motto „All you need is Pablo“ für den Ankauf und somit Verbleib zweier Gemälde im Kunstmuseum stark machten. Eines von den beiden „Arlequin assis“ (1923) ist nun in der Ausstellung und mit ihm zwei weitere stilistisch durchaus differente Leinwände dieses Motivs aus dem selben Jahr. Kann man einen Künstler besser studieren als unter derlei Umständen? Dieser Ausstellung liegt ein gewaltiger Aufwand an Archivarbeit zugrunde, das wird beim Rundgang Raum für Raum deutlich.

Manches darf selbst für derlei Ausstellungen nicht reisen und so gibt es zwar einen Raum um die Demoiselles d’Avignon mit einer 1:1 Tapisserie und zahlreichen vorbereitenden Studien und Skizzen. Das Schlüsselwerk der Moderne aus dem Jahr 1907 selbst allerdings, seit 1939 im Besitz des New Yorker Museums of modern Art, geniesst dort den Status des modernen Meisterwerks und darf als solches nicht verliehen werden.

Der Rundgang beginnt mit „Wissenschaft und Nächstenliebe“, einem Frühwerk des 16-jährigen Picasso aus dem Jahr 1897, das erstmals in Frankreich zu sehen ist. Irgendwann, in der Pariser Ausstellung ist es der Teil im 1. Stockwerk, verschwimmen Kunst und Leben Picassos zum zelebrierten Gesamtkunstwerk. Papierfetzen mit skurrilen Silhouetten, Figürchen, selbstvergessen bei Tisch aus den Hülsen von Weinflaschen geformt, werden zu Kostbarkeiten des Alltags und erlangen, fotografiert von Brassaï, die Aura der Bedeutsamkeit. Ein eigener Raum bezaubert mit Ziegen, als eines der Lieblingsmotive des Künstlers in allerlei medialen Ausformungen und fotografischen Dokumenten.

Die monumentale Collage „Femmes à leur Toilette“ im Besitz des Museums ist erstmals nach einer umgehenden Restaurierung zu sehen. Picasso hat es sie im Winter 1937/38 geschaffen, bald nach seiner Guernica, doch diesmal geht es um sein persönliches amouröses Schlachtfeld. Die dargestellten Damen Olga Picasso, Marie-Thèrese Walter und Dora Maar, hatten um die Gunst und Liebe des Meisters gekämpft und ihn mit den Verwicklungen und Verstrickungen in eine der schlimmsten Sinnkrisen gestürzt. Dabei hatte alles ganz harmlos begonnen. „Mein Fräulein, Sie haben ein interessantes Gesicht…“

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Picasso.Chefs-d’Œuvre
04.09.2018 - 13.01.2019

Musée Picasso
75003 Paris, 5 rue de Thorigny
Tel: +33 1 85 56 00 36
Email: contact@museepicassoparis.fr
http://www.museepicassoparis.fr
Öffnungszeiten: Di-Fr 10:30-18 Sa, So 9:30-18 h


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