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Iris Andraschek Hubert Lobnig - Empfindliches Gleichgewicht: Dialog & Doppel

Das mit den Künstlerpaaren ist so eine Sache. Arbeiten die beiden autonom, gerät mitunter die Partnerschaft etwas in Schräglage, sei es nun dass einer von beiden erfolgreicher ist oder aber, man sich gegenseitig Konkurrenz macht. Geht man auch künstlerisch eine dauerhafte Partnerschaft ein, ist es womöglich auch nicht ganz so einfach, eine Balance zwischen beruflich und privat zu finden. Das Thema Künstlerpaare füllt Bücher und Ausstellungen, selten, dass nicht einer der beiden, das Nachsehen haben muss oder mit der Karriere ins Hintertreffen gerät. Müßig zu erwähnen, dass es sich dabei allzu lange um den weiblichen Part der Partner handelte.

Iris Andraschek und Hubert Lobnig scheinen indes für sich einen gangbaren Weg gefunden zu haben. Sie vertreten eigenständige künstlerische Positionen, doch arbeiten die beiden seit nun mehr als zwei Jahrzehnten an gemeinsamen Projekten im öffentlichen Raum. Die heikle Situation von Künstlerpaaren gleichsam zusammenfassend, nennt sich die Ausstellung im Klagenfurter Museum der Moderne Kärnten „Empfindliches Gleichgewicht“ und liefert nun erstmals einen Überblick über das künstlerische Schaffen der beiden im Einzelnen und im gemischten Doppel. Der Parcours folgt, zumindest nicht nachvollziehbar, keiner strengen Ordnung, vielmehr tritt man im Dialog mit den doch sehr unterschiedlichen Räumlichkeiten.

Als Teil eines fortlaufenden Projektes trifft man gleich zu Beginn auf Lobnigs Tiefenbohrungen in das Gemäuer der Geschichte. Aus der praktischen Methode beim Bohren in Wänden den entstandenen Staub mittels Briefkuvert aufzufangen, macht Lobnig eine künstlerische Methode. Über die Jahre ist hier ein regelrechtes Archiv aus dem Staub diverser Ausstellungs-, Galerie- und Museumsräumen geworden, in Klagenfurt wird es um eine historische Dimension erweitert. Von Schule über Verwaltung, vom GESTAPO Hauptquartier zur Landesgalerie hatte das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert allerlei Funktionen, einer jeden widmet der Künstler ein eigens adressiertes Kuvert und lässt so die Geschichte des Hauses und seiner damit verbundenen Bedeutungsinhalte Revue passieren.

„Fragile Territorien“ nennt sich die Arbeit von Andraschek, in der sie in China Orte in Megacities aufspürt, denen die Bewohner ein Stück für die landwirtschaftliche Nutzung abtrotzen. Gemüse im Hinterhof, Hühner auf der Dachterrasse, Kohl im Nirgendwo des urbanen Brachlandes. Seit Jahren beschäftigt sich die Künstlerin mit Lebensformen, die nicht dem gängigen Mainstream entsprechen, mit sozialen Phänomen und gesellschaftlichen Veränderungen. Sie interessiert, wie sie es selbst formuliert, „dieser andere Blick, wie andere Leben funktionieren, wie bestimmte Dinge laufen und welche Motive ihnen zu Grunde liegen. Direkte Begegnungen vor Ort sind zentral.“

Was in den Jahren 1998 bis 2000 mit „Tigerpark“ als Reihe von unterschiedlichsten künstlerischen Interventionen als gemeinsam initiiertes Projekt begann, führte über die Jahre zu einigen temporären und permanenten Arbeiten im öffentlichen Raum, die allesamt in ihrem konzeptionellen wie ästhetischen Erscheinungsbild sowie der geforderten Ortsspezifik funktionieren. Da wäre die farblich gleich einer Schwarz-Weiss-Fotografie gefasste Figurengruppe einer „Baubesprechung“ (2013) in einem Kreisverkehr in Hainburg, die eben das tut, was man als erstes so tut, wenn ein Kreisverkehr künstlerisch gestaltet werden soll. Da wären die als Mosaik gefertigten Teppiche aus aller Welt, die lose in den Weg und die Rasenfläche zwischen den Gebäuden der Donau-Universität Krems eingelassen, Bewegung und Verweilen der Menschen beeinflussen und an einen an Jahrhunderte währenden kulturellen Transfer denken lassen. Und schließlich wäre da noch unter anderem die für den Frühling und Sommer 2015 ins Leben gerufene „Gruft Boutique“ auf der Wiener Mariahilfer Straße, wo Klienten der gleichnamigen Obdachlosenunterkunft gemeinsam mit Künstlern Altkleider in dem von Andraschek und Lobnig gestalteten Ladenlokal verkauften.

Sollte der Titel der Klagenfurter Ausstellung Programm sein, erzählt er womöglich vom Zusammenleben zweier Künstler, die das empfindliche Gleichgewicht zwischen Partnerschaft und Profession, Privat- & Öffentlichkeit umsichtig wie reflektiert in einer gelungenen Balance halten.

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Iris Andraschek Hubert Lobnig - Empfindliches Gleichgewicht
25.10.2018 - 20.01.2019

MMKK Museum Moderner Kunst Kärnten
9020 Klagenfurt, Burggasse 8/Domgasse
Tel: +43 50 536 30 507
Email: office.museum@ktn.gv.at
http://www.mmkk.at/
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr


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