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Andreas Duscha - White Collar: Auflösende Systeme

Die Galerie Christine König zeigt in ihrer zweiten Herbstaustellung jüngste Arbeiten des in Österreich ausgebildeten und lebenden deutschen Künstlers Andreas Duscha.

Duscha, Jahrgang 1976, der 2006 den Birgit Jürgenssen-Preis erhielt, ist ein Meister der Manipulation. Als unvoreingenommener Besucher der Galerieausstellung läuft man selbst Gefahr diesen Finten zu erliegen. Dies trifft sowohl auf die scheinbaren Gemälde als auch auf die Fotografien zu, die zum Teil kürzlich auch auf der viennacontemporary zu sehen waren.

Im vorderen Raum der Galerie hängen neun Cyanotypien auf Leinwand, deren malerischer Ausdruck den Besucher leicht annehmen lässt, dass es sich bei den Arbeiten um Malerei handelt. Die Werke sind in tiefes Preußischblau „getaucht“. Manchmal ist die Oberfläche etwas zerkratzt und gibt kleine weiße Stellen frei.

Tatsächlich handelt es sich dabei Drucke auf lichtempfindlichem Material, wobei Duscha Fotoemulsion auf Leinwand aufträgt und mit Abbildungen von Yves Kleins ultramarinblauen Arbeiten belegt. Durch die Belichtung mit Sonnenlicht wird aus Ultramarinblau Preußischblau. Frankreich gegen Deutschland also, könnte man salopp meinen. Strahlendes, intensives Blau wird hier zum „seriösen“ gedeckten Blau. Letztendlich geht es bei Duscha auch um die künstlerische Hybris und Inszenierung von Yves Klein. Einmal meinte der französische Künstler, er könne auch am Strand liegend, den Himmel signieren und hätte „dann sein Werk vollbracht“.

Dieses Spiel mit vorgefundenen Materialien, mit Historie und Duschas künstlerische Praxis ist auch in den nachfolgenden Fotografien zu finden. Duscha fotografierte in Wien, New York und Neapel stehen gebliebene analoge Uhren an öffentlichen Plätzen und thematisiert damit unter anderem den Verlust der öffentlichen Zeitmessung. Er macht sich die Mühe, die jeweilige zum Stillstand gekommene Uhr zwei Mal zu fotografieren. Einmal fotografiert er zur Nachtzeit und einmal zu der eingefrorenen Zeit am Tag: z.B. p.m. 12 Uhr 15. a.m. 12 Uhr 15.

Ob der Künstler tatsächlich zu der angegebenen Zeit ein Foto gemacht hat, bleibt sein Geheimnis. Damit liegt der künstlerische Akt bei diesen Werken im Dunkeln und die künstlerische Freiheit ist gewahrt.

Dieses Phänomen einer undurchsichtigen Motivlage am Beginn einer künstlerischen Arbeit, lässt sich auch in der Fotoreihe zu Mao Tse Tung ablesen. Duscha präsentiert hier eine Serie von Abbildungen des „großen Führers“, die als Einzelbild am Platz des himmlischen Friedens hängt. Einmal pro Jahr wird das Bild von Mao Tse Tung, durch ein frisch retuschiertes ausgetauscht. Die Fülle der Abbildungen die Duscha davon machte und die er seriell hängt, erlaubt keine Überprüfung mehr, welches Bild von dem „großen Führer“ „neu“ oder bereits ein Jahr alt ist. Diese Serie ist 2016 entstanden und belegt erneut Duschas Hang zur Narration.

Andreas Duschas erzählerische Komponente ist ein wesentliches Merkmal der gezeigten Arbeiten bei Christine König. Dennoch wäre es erfrischend sich ein bisschen mehr von vorgefundenen Themen zu lösen und eine unabhängigere Komposition zu wagen, wie das schon in seinen Arbeiten „palimpsest“ von 2018 anklingt.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Andreas Duscha - White Collar
19.10 - 17.11.2018

Christine König Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1a
Tel: +43-1-585 74 74, Fax: +43-1-585 74 74-24
Email: office@christinekoeniggalerie.at
http://www.christinekoeniggalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa 12-16h


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