Bruegel: Kontext statt Interpretation
Hat man es einmal geschafft sich einen Timeslot zu reservieren und betritt den eigens für diese Schau adaptierten Bereich des Kunsthistorischen Museums, wird man mit einer angenehm nüchternen und dennoch kurzweiligen Schau belohnt. Hier wird einer der ganz grossen Alten Meister in einer unübertroffenen Vielfalt und Tiefe präsentiert. Dabei ist es den Kuratorinnen besonders zu danken, dass sie nicht der Versuchung erlegen sind, den BesucherInnen eine Deutung oder gar eine Moral mitgeben zu wollen, sondern die Bilder – und vor allem auch die vielen großartigen Zeichnungen und Drucke – für sich sprechen zu lassen. Schließlich handelt es sich bei Bildern wie der “Dullen Griet” oder dem “Marientod” nicht um schwer zugängliche Konzeptkunst, sondern um Bilder die für ein weitestgehend analphabetisches Publikum gemalt wurden und entsprechend überzeugend in der Lage sind, für sich selbst zu sprechen. Ganz im Gegenteil wäre es eine Anmaßung derart vielschichtige und komplexe Werke auf eine mögliche Lesart zu reduzieren, wirkt doch die neu restaurierte oben bereits erwähnte “Dulle Griet” sowohl in ihrer expressiven Farbigkeit und dem extremen Ausdruck der Figuren als auch durch die vielschichtigen Erzählungen, die sich in diesem auf Eichenholz gemalten Action-Thriller finden lassen.
Ebenfalls sehr angenehm ist, dass durch die anschauliche Darstellung der Techniken und Materialien, welche Bruegel benutzte, eine Fassbarkeit und Erdung entsteht die wesentlich zu einer entspannten und daher umfassenderen Auseinandersetzung mit seiner Bilderwelt beitragen. Schade nur, dass nicht noch etwas umfangreicher auf die Welt und den Alltag um die Mitte des 16. Jahrhunderts eingegangen wurde, stellen doch gerade Bilder wie “Kinderspiele” oder die “Bauernhochzeit” besonders anschaulich dar, wie vergleichbar und doch völlig verschieden das Leben in Europa vor 450 Jahren gewesen sein muss. Hier würde eine Überfrachtung mit Deutungen und Interpretationen sicher viel von dem unmittelbaren Vergnügen des sich in einem Bild Verlierens und Staunens nehmen und damit die Freude an der Kunst schmälern. Wobei dies keinesfalls als Kritik an jedweder Deutung und Interpretation zu verstehen ist, sondern ganz im Gegenteil als ein Plädoyer für Offenheit und Vielfalt im wissenschaftlichen und außerwissenschaftlichen Diskurs gewertet werden kann.
Abschließend bleibt nur noch zu erwähnen, dass es nicht übertrieben ist, wenn man den Besuch dieser Schau als eine einmalige Gelegenheit bezeichnet, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
02.10.2018 - 13.01.2019
Kunsthistorisches Museum
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Öffnungszeiten: Di-So 9.00-18.00