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Art Basel: Reichenspielplatz mit Beiwerk

12 Millionen Dollar für ein Gemälde von Joan Mitchell hier, 16 Millionen für einen kleinen Jackson Pollock da – das Top-Segment des Kunstmarkts scheint nach oben weiterhin keine Grenze zu kennen. Mit nur einem einzigen Werk aus dieser Preisregion ließe sich das gesamte Ausstellungsprogramm aufkaufen, das junge Galerien in einer mittleren Metropole in einem Jahr auf die Beine stellen. Und mit einer gewissen Auswahl eine schöne Sammlung zusammenstellen. Aber darum geht im Erdgeschoss der Art Basel anscheinend schon lange nicht mehr. Hier ist Kunst zumeist Anlageinstrument oder das Innenraum-Äquivalent zur Mega-Jacht.

Dabei sind es keineswegs überreiche US-Amerikaner oder Russen, die in Basel auf Shopping-Tour gehen. Denn die Zeiten der Schweiz als Geldwaschanlage sind vorbei, und in den USA traut man sich aus Terrorangst kaum noch vor die eigene Tür, zumal im Alten Europa gerade keine Venedig-Biennale oder documenta lockt. Verkauft wird auf der Art Basel in diesem Jahr überwiegend nach Europa, und es sind erstaunlich viele Asiaten in den Gängen auszumachen. Die Rechnung der Art Basel ist offensichtlich aufgegangen, mit der Art Basel Hong Kong nicht nur den dortigen Markt zu entwickeln, sondern die neuen Kunden von dort auch an den Originalschauplatz zu locken.

Die Nachfrageseite scheint also in leidlich guter Verfassung zu sein, zumindest was die gesicherten Werte angeht. Aus diesem Grund zeigen selbst die Neulinge gerne gut eingeführte Positionen. Unter den überraschend vielen deutschsprachigen Erstteilnehmern sind in der Feature-Sektion auch wieder Rheinländer, nachdem diese Region in der jüngeren Vergangenheit eher ausjuriert wurde. Max Mayer aus Düsseldorf zeigt eine Installation des in diesem Jahr 84-jährig verstorbenen Jef Gys. Jan Kaps aus Düsseldorf präsentiert sich in den Statements. Wirtschaftlich sind beide Abteilungen für junge Galerien risikoreich, da die Teilnahmegebühren recht hoch und der Verkaufserfolg ungewiss sind. Blue Chip Galerien haben zwar größere Stände und noch höhere Kosten, denen jedoch eine höhere Umsatzwahrscheinlichkeit und höhere Einzelerlöse gegenüberstehen. Jan Kaps erklärt, als junge Galerie müsse man sich sehr genau darüber im Klaren sein, wo man sich mit seiner Galerie im Markt verorten wolle, er habe sich für die Art Basel-Schiene entschieden, und er der Erfolg gebe ihm bisher Recht.

KOW aus Berlin hat konsequent an dieser Karriere gearbeitet und wurde nach einer langen Tour durch Liste, Feature und Statement in diesem Jahr mit dem Aufstieg in die Sektion Galleries belohnt, sozusagen der Dauerkarte der Art Basel-Aussteller. Ein Neuzugang nach und aus Wien ist Croy-Nielsen, wiederum bei den Statements.

Doch was hilft es, wenn den Jungen Zutritt zu einem System gewährt wird, in dem sie längst nur schmückendes Beiwerk sind für die Großen des Geschäfts? Diese Frage treibt seit einiger Zeit viele Marktteilnehmer um, selbst die aus dem Top-Segment, weil sie wissen, dass sie für ihre eigene Glaubwürdigkeit (und für die Talentsuche) auf die Kleinen angewiesen sind. Die Messe hat darauf bisher keine Antwort gefunden und scheint sich selbst in dieser Diskussion einen schlanken Fuß machen zu wollen. Doch wird sie nicht umhin kommen, ein anderes Preismodell für die finanzschwächeren Teilnehmer zu finden. Das fällt natürlich besonders schwer, wenn dem Mutterkonzern Messe Schweiz mit der Baselworld die ursprüngliche Cash Cow weggebrochen ist – weitgehend wegen Fehlern des Managements, zu denen das Nichterkennen von Marktveränderungen zählt und ... Gier.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Basel
14 - 17.06.2018

Art Basel
4005 Basel, Messe Basel, Messeplatz Halle 1 und 2
http://www.artbasel.com


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