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TEFAF 2018: Picassoflut und zögerliche Verjüngung

Als hätten die Nahmads Lagerverkauf, so wirkt die aktuelle Tefaf. 116 Picassos soll die Händlerfamilie besitzen, und ein Großteil davon scheint gerade in Maastricht bei unterschiedlichsten Händlern an den Kojenwänden zu hängen. Spätwerk, wohin das Auge blickt, selbst bei Altmeisterspezialisten. Kein Wunder: Bei der aktuellen Hausse des großen Spaniers selbst für Mittelmäßiges, wollen alle etwas von dem Kuchen abhaben und hoffen auf weniger kundige Trophäenjäger. Denn bei weitem nicht alles, was angeboten wird, hat Museumsqualität. Das ist die große Krux der Branche: Spitzenware ist rar und wird es bleiben – kenntnisreiche Sammler noch viel mehr, vor allem je älter die Kunst ist.

Das Nachschubproblem stellt sich nicht nur bei der Ware, sondern auch auf der Käufer- und der Händlerseite. Kunsthändlerlegenden wie Johnny van Haeften oder Konrad O. Bernheimer treten ab oder langsamer, der durchschnittliche Aussteller ist augenscheinlich in einem Alter, in dem Andere in den Ruhestand gehen. Die seit einigen Jahren erfolgreich erprobte Sektion „Showcase“ mit Mikroständen für Aspiranten auf eine permanente Präsenz hat sich zwar bewährt. Doch fünf potentiellen Nachrückern bei 275 Ausstellern eine Chance zu geben, spricht für eine sehr gemächliche Verjüngung. Seine Entsprechung findet dieses Beharrungsvermögen bei den Käufern. „Junge“ Sammler sind um die 50. Das ist auch nicht weiter verwunderlich angesichts des Preisniveaus auf der Tefaf.

Das Bemühen um den jungen Kunstsammler und -händler beschränkt sich im Erscheinungsbild weiterhin auf die „Showcase“ und „Art on Paper“, aber auch in der vermeintlich preiswerteren Papierabteilung kostet ein kleinerer Stand schon knapp 40.000 Euro. Mit niedrigpreisiger Kunst lässt sich das kaum wieder einspielen. Immerhin gibt es jetzt mehr Design und Stammeskunst. Man ist also offen für andere als die angestammten Sparten, doch haben hier andere Messen die Nase vorn. Im Hintergrund ist jedoch Bewegung. Gleich eine Handvoll jüngerer Händler um die 40 ist ins Board eingezogen. Vielleicht gelingt es Ihnen, das Museum auf Zeit in die Jetztzeit zu steuern.

Unübertroffen ist die Tefaf hingegen immer noch bei Alter Kunst und Kunsthandwerk auf musealem Niveau. Befürchtungen, dass die beiden Töchter in New York die Mutter kannibalisieren könnten, haben sich nicht bestätigt, eher im Gegenteil. Händler, die an beiden Messen teilnehmen, berichten, dass sie in den USA neue Kunden kennengelernt hätten, die vorher noch nie Maastricht waren und jetzt das Original sehen wollten. Daher heben nach wie vor alle Aussteller ihre besten Stücke auf, um sie in den Niederlanden zu präsentieren. Wer das Glück hat, mit einer Einladung für die auf zwei Tage ausgedehnte Vernissage bedacht zu werden, konnte dieses Jahr sogar eine ungeahnte Großzügigkeit erleben. Das Gedränge vergangener Tage gibt es nicht mehr, und die Händler haben mehr Zeit für Gespräche mit den Sammlern. Jetzt muss es nur noch gelingen, auch junge Menschen für Alte Kunst zu begeistern; eine Aufgabe, die die gesamte Branche umtreibt.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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TEFAF 2018
10 - 18.03.2018

MECC (Maastricht Exhibition & Congress Centre)
6229 Maastricht, MECC (Maastricht Exhibition & Congress Centre), Forum 100
Tel: +31 43 383 86 66 , Fax: +31 43 383 88 08
Email: info@tefaf.com
http://www.tefaf.com
Öffnungszeiten: täglich 11-19 h


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