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Einmal Raum auf Eis, bitte

Manfred Sack gesteht: "Dass mich in Hallen, in Sälen, auch in Zirkuszelten eine Raumlust befällt, aber auch auf Plätzen. Mir genügt der Raum oft schon als Raum - und die Botschaft, die seine Architektur aussendet. Ich weiß noch, wie ich zum erstenmal im Kölner Dom war und immerzu an die hohe, ferne Decke starren musste." Wie sympathisch: Da steuert einer nicht mit der Arroganz des Allwissers und All-Beurteilers die architekturkritische Waagschale, sondern outet sich als zu Überraschender, Hingerissener oder Enttäuschter, als Addict des "Wunders des Raumes". Nicht müde wird er, seine Favoriten zu promoten in dieser Sammlung von Vorträgen und Essays: den klitzekleinen Paley Park in New York, die weiträumige Wallfahrtskirche in Neviges, den versteckten Piazzale Caffarelli in Rom, und man möchte, in Unkenntnis all dieser Orte, sofort ins Flugzeug steigen, um ihre Raumwunder live erleben zu können. Nur ein einziger Text dieser Zusammenstellung stammt aus der "Zeit", deren Architekturkritiker Sack vierzig Jahre lang war. Aber es geht ja auch nicht in erster Linie um Gebäude, sondern um elementare Fragen der Raum- und Platzgestaltung. Es werden keinerlei revolutionäre neue Thesen aufgestellt und eigentlich nur, so sagt es der Autor selbst, Binsenwahrheiten und Gemeinplätze wiederholt. Aber: "Einer der ganz besonders betagten Gemeinplätze scheint der Platz zu sein." Eben. Dennoch möchte man den Band in die Nachfolge von Camillo Sittes "Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen" und Bernard Rudofskys "Streets for people" stellen, wenn Sack die Qualitäten toskanischer Plätze preist (dazu passend auch der schöne schlichte Einband in der Farbe grüner Oliven) und klarstellt: "Raum rechnet zu den Genussmitteln, deren der Mensch dann und wann bedarf, die er genießen können möchte." Wie wahr. Und wie schade, dass kein ordentliches Lektorat stattgefunden hat und zahlreiche Namen falsch geschrieben sind. Da wird dann eben Fürst Pücklers Gartenreich Bad Muskau zu Moskau. Manfred Sack, Verlockungen der Architektur. Kritische Beobachtungen und Bemerkungen über Häuser und Städte, Plätze und Gärten. Luzern: Quart, 2003 352 Seiten, 14.5 x 22.5 cm 98 sw-Abbildungen Fadengeheftete Broschur
Mehr Texte von Iris Meder †

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