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Remastered – Die Kunst der Aneignung: Aneignungen als esoterischer Schein

Nach der Retrospektive über die abstrakte Kunst präsentiert die neue Leitung der Kunsthalle Krems den nächsten enzyklopädischen Wurf: „Die Kunst der Aneignung“, deren Highlights in der Vergangenheit liegen.

Angeboten wird eine kunsthistorisch-akademische Abhandlung über Kunst nach der Kunst, transformiert in verschiedene künstlerische Medien, purifiziert von jeglichem Widerstandsimpuls und sozialkritischem Elan. Zu sehen ist ein esoterischer Schein-Diskurs über eines der wichtigsten Kunstverfahren der letzten Jahrzehnte, klassifiziert in zahlreiche Kategorien, wie Ähnlichkeit, Wiederholung, Auslöschung, Reanimation, Reenactment, Fortschreibung bis Infiltration. Unter den 55 eingeladenen KünstlerInnen stammen einige wenige auch aus Österreich, aber sonst scheinen sich die Aneignungsgesten hierzulande nicht so recht entwickelt bzw. relativ spät entfaltet zu haben, bei zwei Künstlern dann doch sehr obsessiv - daher verwundert es, warum gerade die Kunsthalle Krems dieses Thema ihrem Publikum zumutet. Vielleicht deswegen verspürt man das akute Bedürfnis, die Leerstellen zu füllen? Und dazu noch in einer schwer nachvollziehbaren Sprache, überfrachtet mit unnötigen Informationen in einem Begleitheft, dessen Lektüre beim Betrachten der Werke die spontane Geste der Aneignung zunichte macht.

Dabei ist die Spontaneität wesentlich für einige der hier präsentierten sehenswerten Objekte namhafter KünstlerInnen. Der ihnen entsprungene befreiende Witz und die Ironie entkräften subversiv starre Hierarchien des Vorhandenen im Leben wie auch im heiligen Kanon der Kunst. Zu besonders gelungenen Beispielen dieser Gattung zählen die in der Kremser Ausstellung gezeigten Werke von Rodney Graham, John Baldessari, Richard Pettibone und Aneta Grzeszykowska, die sich vorwiegend der stilistischen Mittel des Pastiche oder der Persiflage bedienen. Bemerkenswert ist ebenso der zu Unrecht weniger bekannte Film über Kazimir Malevich „The Last Futurist Exhibition“ und die dazu zählende Rekonstruktion der mythenumwobenen Show „0,10“ des russischen Wegbereiters, die 1985 von einem serbischen Künstler, der seine Autorenschaft geheim hält, ausgeführt wurde. Solcher Entschluss bildet gewiss eine extreme Anwandlung einer überaus gelungenen, zwischen Hommage und Persiflage changierenden Aneignungsstrategie, da ihre Grenzen kaum weiter überschritten werden können. Genauso wie die in ihrem Inhalt folgenreichen Übermalungen bereits existierender, trivialer Gemälde als Détour durch den revolutionär gestimmten Situationisten Asger Jorn - die sogenannten „Modifikationen“ - welche historisch am Beginn der Aneignungsgeste als Neuschöpfung standen. Die Radikalität bei der Reanimation der favorisierten Vorbilder im Kunstfeld bildet eine wertvolle Kategorie angesichts der Re-Kreationen, die bloß aus dem „trivial-dekorativen“ Lustgefühl am Referenzwerk lediglich „parasitäres Verhalten“ offenbaren. Auch diese sind in der Show vertreten. Aber wie geht es mit der Aneignungskunst weiter? Gibt es noch ein Nachleben? Dafür findet man in der Ausstellung keinen Hinweis. Ebenso nicht im Ausstellungsepilog „Remastered“, der auf das Medium Film referiert.

Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Remastered – Die Kunst der Aneignung
26.11.2017 - 18.02.2018

Kunsthalle Krems
3500 Krems, Franz-Zeller-Platz 3
Tel: +43-2732 90 80 10, Fax: +43-2732 90 80 11
Email: office@kunstalle.at
http://www.kunsthalle.at
Öffnungszeiten: Di - So und Mo wenn Feiertag 10-18 Uhr; in den Wintermonaten 10-17 Uh


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