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Hans Hurch 1952 – 2017

Völlig überraschend und noch dazu im Zuge eines Arbeitsaufenthalts in Rom ist Hans Hurch, der langjährige Direktor des Wiener Filmfestivals Viennale, am Sonntag, den 23. Juli 2017 an einem plötzlichen Herzversagen verstorben. Hurch, der diesen Dezember seinen 65. Geburtstag gefeiert hätte, war zu einem Treffen mit Regisseur Abel Ferrara in die italienische Hauptstadt gereist.

Wie ein Lauffeuer unter den Filmfans, den vernetzten Communities und in der internationalen Fachwelt verbreitete sich diese Nachricht nur wenige Minuten nach offizieller Bekanntgabe durch das Viennale Team. "Es ist für uns alle ein Schock und großer Verlust und menschlich sehr schwer zu verkraften", hieß es in dessen erster Stellungnahme. "Wir werden unser Möglichstes tun, um die diesjährige Viennale in seinem Sinne zu gestalten".

Mit Hans Hurch verlor die Kultur- und Filmwelt einen von enormem Enthusiasmus und von Leidenschaft geprägten Experten, der sich durch eine pointiert kritische Haltung auszeichnete. Immer wieder launig, humorvoll und entgegenkommend in seinen persönlichen Auftritten, bezog der betonte Liebhaber des filmischen Schaffens von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub stets die kultur- und gesellschaftspolitische Dimension ein.    

Von 1986 bis 2000 wirkte er als Regieassistent und Mitarbeiter bei Theater-und Filmarbeiten von Huillet und Straub mit. Davor schon, 1990-92, arbeitete Hans Hurch mit der Dokumentarfilmerin Astrid Johanna Ofner zusammen. Das Medium Film wurde ihm sehr früh zu einer zentralen Erfahrung, was anfangs sozial und biografisch durch den Mangel von Möglichkeiten an der Teilhabe bedingt war. Da sein Eltern kein TV-Gerät besaßen, das Kino-Sterben in den 1960er Jahren aber schon die ländlichen Gebiete von Oberösterreich erfasst hatte, lernte er anfangs zwar Kurzfilmkomödien mit Charlie Chaplin oder Buster Keaton im Rahmen des Schulprogramms lokaler Spielstätten kennen. Später jedoch musste er mit dem Moped von seinem Heimatort Schärding in einen Passauer Filmclub, um dort die damals wichtigsten Werke der Filmgeschichte kennen zu lernen.

Diese Neugierde und die Hingezogenheit zum bewegten Bild trug Hans Hurch, der mehrere geisteswissenschaftliche Studien begann, sich aber zunehmend auf die Auseinandersetzung mit dem Programm des noch jungen Filmmuseum konzentrierte, dann auch in seine journalistische Arbeit hinein. Schon in den Anfangstagen der Stadtzeitung FALTER in den 1970er Jahren, begann er deren Filmredaktion aufzubauen. Er gehörte ihr dann bis 1988 an.

Hurchs sichtbarer Ernst, seine Geradlinigkeit und dessen baldige Erfahrungen in der Praxis des Filmschaffens als Regieassistent und Drehbuchautor für Produktionen in Deutschland, Frankreich und Italien führten dann zu dessen Bestellung als Kurator des Projektes "hundertjahrekino" im Jahr 1995 durch das Bundesministeriums für Wissenschaft und Kunst unter Minister Rudolf Scholten. Über eine einmalige Veranstaltungsreihe hinausreichend zielten seine Aktivitäten damals auf zahlreiche Maßnahmen zur strukturellen Verbesserung des Kinos und der Filmproduktion in Österreich ab.

Seit 1997 schließlich leitete Hans Hurch das internationale Filmfestival Viennale, das vor allem mit einer Vielzahl von Dokumentationen und nah an der gesellschaftlichen Realität operierenden Filmproduktionen versucht, unsere Wirklichkeit aus einer kritischen Sichtweise heraus zu erfassen. Neben der Stärkung einer diskursiven Praxis im Bereich visueller Kultur war es das Bestreben von Hans Hurch, dem Film als magischem Medium maximalen Raum für dessen Entfaltung zur Verfügung zu stellen. Als Zweck seiner Tätigkeit, wie er selbst mit André Bazin formulierte, sah er "den Schock des Kunstwerks (zu) verlängern". Zuletzt ist Hans Hurch vom Kuratorium der Viennale bis zum Jahr 2018 als Direktor bestätigt worden.

Mehr Texte von Roland Schöny

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