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Von Japan inspiriert. Martha Cunz und der Farbholzschnitt um 1900: Grand Dame des Farbholzschnittes

Das Thema lag wohl in der Luft. Letztes Jahr widmete die Frankfurter Schirn dem Farbholzschnitt des Wien um 1900 eine opulente Schau samt deutliche erschlankten Ableger in der Albertina, zur Zeit gibt es in Regensburg und Reutlingen umfassende Präsentationen einer ähnlichen Thematik.

Während in das Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg das Frühwerk der beiden deutsch-böhmischen Künstlerpersönlichkeiten Walther Klemm (1883-1957) und Carl Thiemann (1881-1966) ins Zentrum von „Stadt.Land.Tier. Der Farbholzschnitt in Prag um 1900“ setzt und unter anderem ein Konvolut zeigt, das bislang noch nie gezeigt wurde, steht in Reutlingen mit Martha Cunz (1876-1961) eine weibliche Position im Mittelpunkt der Betrachtung.

„Von Japan inspiriert“ lautet der Titel und nimmt Bezug auf jene Tendenzen, die sich ausgehend von Paris in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts in Europa verbreiteten. Doch Cunz, die mit ihren Farbholzschnitten bald internationale Bekanntheit erreichte, war mitnichten alleine von Japan inspiriert. Als gutbürgerlichen Hause stammendend war die Schweizerin in München und Paris ausgebildet, reiste nach Holland wie Italien, auch das Werk von Ferdinand Hodler sieht sie sich genau an. 1905 erscheinen erstmals zwei ihrer Arbeiten innerhalb eines Beitrages über Münchner Graphik in Deutsche Kunst und Dekoration, da hat sie sich eben drei Jahre mit dem Vielfarbenholzschnitt befasst. Bis sie sich nach 1927 wieder der Malerei zuwendet werden es 71 Blätter und zahlreiche Kleingraphiken wie Ex Libri, Visitkarten oder Anzeigen werden. Ihre Technik verfeinert sie bis zur Meisterschaft, ihr Stil bleibt konsequent der Gleiche. Cunz verzettelt sich nicht in Details, setzt bei ihren Landschafts-, Städte- und Tierdarstellungen auf klare Kompositionen und harmonische Farbzusammenstellungen, alleine bei Darstellungen mit Menschen gibt sich die Künstlerin erzählfreudiger, wählt kräftige Kontraste. Bei ihren Szenerien in der Dunkelheit des Abends scheint die dargebotene Ware des Orangenverkäufers zu leuchten, ebenso die Ware der Verkäuferin, die sie auf ihrem Bauchladen flanierenden Messebesuchern feilbietet.

Schon in der Frankfurter Ausstellung durfte man erstaunt sein über die Präsenz von Frauen in dieser Domäne, umso schöner nun von einer Künstlerin einen Großteil des graphischen Œuvres zu sehen, nicht als monographische Ausstellung, sondern eingebettet in Positionen ihrer Zeit aus allen europäischen Zentren und den Vorbildern aus Japan. Einmal mehr erweist sich das 1989 gegründete Kunstmuseum Spendhaus in Reutlingen hier als museologisches Zentrum des Hochdrucks für das 20. und 21. Jahrhundert. Neben dem Konvolut an Arbeiten von Cunz, die allesamt aus dem Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen stammen, konnten die klug ausgewählten Ergänzungen zum größten Teil aus eigenen Beständen bestritten werden.

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Stadt.Land.Tier – Der Farbholzschnitt in Prag um 1900, Regensburg (ebenfalls bis 18.Juni 2017)
www.kunstforum.net

 

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Von Japan inspiriert. Martha Cunz und der Farbholzschnitt um 1900
01.04 - 18.06.2017

Kunstmuseum Reutlingen
72764 Reutlingen, Spendhausstraße 4
Tel: +49 7121 303 2322
Email: kunstmuseum@reutlingen.de
https://www.reutlingen.de/kunstmuseum
Öffnungszeiten: Di-Sa 11-17, So, Fei 11-18, Do 11-19 h


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