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arteBA: Die Leichtigkeit der Langsamkeit entdecken

Argentinien will zurück auf die Landkarte. Ökonomisch aber auch kulturell. Jahrzehntelang war das Land mit sich selbst beschäftigt: Peronismus, Militärdiktatur, Staatspleite und zuletzt die Kirchner-Kleptokratie hatten aus dem einstmals reichsten Land Lateinamerikas eine zerrüttete, verunsicherte und in sich zurückgezogene Nation gemacht. Doch jetzt soll das anders werden. Die Regierung will die Wirtschaft wieder international anschlussfähig machen, und kulturell will man wieder zu alter Größe zurückfinden. Der Einkauf in das nebulöse Art Basel Cities-Programm gehört dazu, aber auch die Kunstmesse ArteBA. Die läuft schon seit einem Vierteljahrhundert, hat aber erst in den letzten beiden Jahren mit der neuen Direktorin Julia Converti internationales Format erreicht. Mora Bacal ist die Enkelin der Grande Dame Ruth Benzacar, deren Galerie seit 1965 als erste Adresse für argentinische Kunst gilt: "Das Problem mit argentinischer Kunst ist, dass sie so wenig kostet. Man muss schon sehr viel verkaufen, um auf die Kosten zu kommen. Und das ist eine teure Messe". Ein regulärer Stand kostet knapp 400 Dollar pro Quadratmeter. Von international teuer gehandelten Künstlern wie Tomas Saraceno lassen sich in ihrem Heimatland nur noch kleinere Arbeiten verkaufen, die allerdings sehr gut. Die fußballgroßen Würfel mit ihren kunstvollen Gespinsten waren mit Preisen im niedrigen fünfstelligen Bereich auf der Messe und aus der Galerie sofort ausverkauft. Für die raumfüllenden Installationen findet sie hingegen nur auf Messen im Ausland Käufer. Finanziell setzt der Marktplatz Argentinien also recht klare Grenzen. "Das Schöne an dieser Messe ist, dass sie einen zwingt, die Leichtigkeit der Langsamkeit zu entdecken", erläutert Silvia Bohnsiepe von der Berliner Galerie Klemm's ihre Erwartungshaltung. "Wenn man hier mit Verkaufsdruck ankommt und glaubt man müsse am ersten Tag den halben Stand losschlagen, wird man entweder verrückt oder ist auf der falschen Messe. " Gregor Podnar aus Berlin ist einer der Glücklichen, die zu der Sektion U-Turn eingeladen wurden. Hier sponsort Mercedes die Stände komplett. Seine Einzelpräsentation des 1968 geborenen Portugiesen Francisco Torpa kommt dem lokalen Faible für Konzeptkunst entgegen, die bei 4.500 Euro beginnenden Preise für mittelformatige Collagen ebenfalls. Podnar ist schon länger in Lateinamerika unterwegs und schätzt an Argentinien und seiner Kunstmesse das hohe Niveau. Allerdings dürften gerade die von ihm geschätzten Qualitäten schwinden, wenn sich die Hoffnungen der Argentinier erfüllen: "Das ist wie mit dem Fernsehen: Je mehr der Markt die Oberhand gewinnt, umso mehr leidet die Qualität." Diese Gefahr scheint aktuell noch nicht allzu groß zu sein. Die einheimischen Galerien verkaufen zwar dem Anschein und Hörensagen nach sehr gut auf der Messe. Mit auswärtigen Positionen tun sich die argentinischen Sammler aber noch etwas schwer und der internationale Zuspruch steigt zwar, jedoch von niedrigem Niveau ausgehend. Das lässt sich am Angebot der Messe ablesen. Die ortsansässigen Galerien zeigen fast nur argentinische Künstler, zwar auf durchgängig hohem Niveau, in seiner materiallastigen Konzepthaftigkeit dann aber doch etwas einseitig. Gesponserte Sektionen, die internationalen Galerien die Teilnahme erleichtern, könnten das Spektrum auffächern, wenn die so Umworbenen nicht allzu häufig Eulen nach Athen tragen würden. An dieser Stelle wäre etwas mehr Engagement des zuständigen der elf (!) Kuratoren der Messe wünschenswert.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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arteBA
24 - 27.05.2017

La Rural
1425 Buenos Aires, 2704 Sarmiento Avenue
http://www.arteba.org
Öffnungszeiten: täglich 14-21 h


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