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alien matter - die transmediale ausstellung: Angekommen im no mans land

Die Zukunft bleibt ein Thema. Gerade, weil das Utopische längst verschrottet wurde. Während die Ewiggestrigen aber Bildung, Zivilisation und Rechtsstaatlichkeit weg zu wischen beginnen, scheint in unserer Online Gesellschaft schon wieder vergessen, wie wichtig die Diskussionen um die algorithmische Lenkung und Kontrolle unseres Alltags einmal waren. Stets vielversprechend geht das Berliner Medienkunst Festival transmediale an solche Themen heran. Noch dazu hat es sich schon vor einigen Ausgaben von diversen Fortschrittsträumen rund um digitale Technologien verabschiedet. Angesichts der Entwicklungen auf dem Sektor verwundert es nicht, wie drückend das heurige transmediale Ausstellungsprojekt wirkt. Es dreht sich um die Verselbständigung von Entwicklungen im Digitalbereich, vom Eigenleben der Apparate, Programme und Applications. Thema ist »die Beziehung zwischen Mensch und Maschine« in einer »von Technologie durchzogenen Umwelt«, wobei die Grenzen weich und fließend sind. Fast romantisch wirken da noch die Bilder in der Arbeit von Ignas Krunglevičius. Es sind schneebedeckte Bergpanoramen zu einem digital generierten Rhythm and Blues Song, von denen sich bald herausstellt, dass es bloß beliebige Sujets sogenannter Stock Videos sind, die ein Computer wahl- und konzeptlos während seiner Wartezeit auf den Bildschirm wirft. Noch weiter weg vom Schein der Emotionalität ist ein vor sich hin sprechender schwarzer Kühlschrank von Marck Leckey, der seine eigene Gebrauchsanweisung zitiert. Schwarz geht es auch bei Joep van Liefland zu, der in einer monumentalen Regalskulptur, voll mit VHS Kassetten, die Vergänglichkeit von Speichermedien reflektiert. Etwas näher am Thema: Constant Dullart, der Googles Programm »Deep Dream«, das darauf spezialisiert ist, Gesichter visuell zu analysieren und zu katalogisieren, mit seiner eigenen Application »DullDream« konterkariert. Nach dem hochladen des eigenen Porträts, wird dieses all seiner individuellen Merkmale entledigt. Immerhin eine Annäherung an den interaktiven Aspekt, den die Ausstellung fokussieren möchte. Bald aber fühlt man sich verloren in der inselhaften Aneinanderreihung vereinsamter Einzelpräsentationen. Nur vage lassen sich Schwerpunkte wie künstliche Intelligenz, Infrastruktur oder Internet der Dinge ausmachen. Angesichts der knallharten Realitäten draußen wirkt es dann doch etwas überzogen, wenn der 3D Druck im »3D Additivist Cookbook« auf sein »revolutionäres Potenzial« hin untersucht wird. Überhaupt kostet es einiges an Anstrengung, im Auge zu behalten, dass es um die verschwimmende Beziehung zwischen Mensch und algorithmisch gesteuerter Materie gehen soll, um ein Environment also. Kuratorin Inke Arns, die in ihren Projekten, sämtliche Phänomene der Post Digital Culture durchdekliniert, wählte das richtige Thema, bearbeitete es aber relativ uninspiriert. In dieser Agglomeration angestrengt illustrierter Ideen springt nirgendwo so recht der Funke über. Passend und präzise gesetzt hingegen wirkt, wie so oft, die Ausstellungsarchitektur der Gruppe Raumlabor. Nach und nach fällt deren Intervention auf. Aus der dystopischen Landschaft des vereinsamten Technoparks erheben sich – wie in einem existenzialistischem Science Fiction Film – ein paar Masten mit vor sich hin glimmerndem, eiskaltem Licht. Da bedarf es keiner weiteren Worte.
Mehr Texte von Roland Schöny

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alien matter - die transmediale ausstellung
02.02 - 05.03.2017

Haus der Kulturen der Welt
10557 Berlin, John-Foster-Dulles-Allee 10
Tel: +49-30-397 87 0
Email: info@hkw.de
http://www.hkw.de/
Öffnungszeiten: Di-So 10.00 bis 21.00 Uhr


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