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Berlinde de Bruyckere - Suture: Von blauen Adern durchzogen

Was machen diese Figuren bloß? Umarmen sie einander? Kämpfen sie gegeneinander? Sind sie überhaupt schon tot? Oder vielleicht doch noch lebendig? Teile von Körpern wachsen in Berlinde de Bruyckeres Skulptur „Into One-Another V to P.P.P.“ (2011) ineinander: ausgezehrtes menschliches Fleisch, Leiber ohne Kopf, fahl, mit roten Flecken übersät, von blauen Adern durchzogen. Gleich gegenüber, in einer großen Vitrine, vereinen sich ebenfalls zwei Körper, diesmal stehend; auch sie besitzen kein Gesicht. Berlinde de Bruyckere arbeitet sich mit ihren fragmentierten Gestalten an den Schnittstellen zwischen Tod und Leben, Innen und Außen, Eros und Thanatos, Vergangenheit und Gegenwart ab. Dementsprechend trägt die Ausstellung im Leopold Museum (Kuratorin: Stephanie Damianitsch) auch den Untertitel „Suture“ – die Naht als Leitlinie.

De Bruyckeres Skulpturen können erheblich verstören – etwa die „Pietà“, ein kopfloser männlicher Torso, oder das „Wezen“, eine Figur, eingehüllt in Textilien, die auf einem Brett kauert, oder „San S.“ – zwei nackte Beine, die sich vor einem Pfosten kreuzen. De Bruyckere ist, das fällt auch ohne Vorwissen sofort auf, an den Alten Meistern geschult: Hans Holbeins „Leichnam Christi im Grabe“ im Kunstmuseum Basel kommt einem etwa in den Sinn angesichts der Drastik, mit der hier vergängliche Körperlichkeit demonstriert wird.

So unübersehbar De Bruyckeres Bezüge zur christlichen Ikonographie sind, so sakral geriet auch die Präsentation. Die riesigen Hallen des Leopold Museums laden ihre Inhalte ohnehin schon mit einer enormen Aura auf; mehr noch in dieser Ausstellung, wo die einprägsamen und bildgewaltigen Skulpturen, umgeben von zarten Aquarellen und Zeichnungen, äußerst luftig präsentiert werden – ganz im Gegensatz zu dem belgischen Pavillon auf der Biennale Venedig 2013, wo sich De Bruyckeres „Krüppelholz“ in einem dunklen, geradezu mystischen Raum erstreckte. Den Arbeiten schadet diese fokussierte Präsentation im Leopold Museum keineswegs. Ihr Drama offenbaren sie hier ebenso.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Berlinde de Bruyckere - Suture
08.04 - 05.09.2016

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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