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Die Schule des Reichtums - Eine Klasse der Schule von Kyiv | Kyiv Biennial 2015: Schule anders denken

Wie soll man diesen lästigen Lenin wieder loswerden? Überall taucht sein Abbild wieder auf, in der Wohnung, ja sogar auf der Haut und kein Wegwischen hilft, kein Abrubbeln kann seine Projektion dauerhaft entfernen. Stas Voliazlovsky hat das Video „I Am So Tired From All This eS#*.&?“ im Jahr 2006 gedreht und zeigt damit die Probleme der „Entkommunisierung“ der Ukraine, die einhergeht mit dem Abbau von Sozialleistungen und der Anhebung der Kosten für Bildung und medizinische Versorgung. Dass es auch schnell gehen kann mit dem Auslöschen der Symbole des alten Machtapparates, beweist die Installation „Leninopad“ von Anna Jermolaewa. Sie hat die Ukraine bereist und in vielen Orten leere Sockel gefunden, auf denen früher Lenin über das Volk wachte. In Nacht- und Nebel-Aktionen seien die Statuen gestürzt worden, so berichteten BewohnerInnen der Künstlerin immer wieder, aber manchmal wollte man sich doch nicht so endgültig von der Geschichte trennen und hat die Überreste des Denkmalsturzes nicht entsorgt sondern eingelagert und so liegt ein zerbrochener Lenin wie schon davor in der Kerstin Engholm Galerie (siehe die artmagazine Kritik) nun auch im MUSA. „The School of Kyiv“ ist zu Gast im MUSA, dem Ausstellungsraum der Stadt Wien. Als aus der Not von den Kuratoren Hedwig Saxenhuber und Georg Schöllhammer geborenes Ausstellungsformat, das nach der Absage des offiziellen Austragungsortes der Kiew Biennale (das artmagazine berichtete) einen Weg fand, gemeinsam mit der Kiewer Szene und der Unterstützung externer Geldgeber ein kooperatives Gesamtprojekt zu entwickeln, das viel mehr noch als ursprünglich geplant, die Lokale Kunst- und Kulturproduktion in den internationalen Fokus zu rücken. Nach Leipzig und Karlsruhe bildet Wien mit der „schule des Reichtums“ nun die dritte Station, die Saxenhuber und Schöllhammer als einzelne „Klassen“ der Schule von Kyiv konzipiert haben. Während die ukrainischen KünstlerInnen verstärkt die Probleme in der Ukraine selbst thematisieren, geht es in den Beiträgen der westlichen KünstlerInnen auch um die Macht- und Geldstrukturen die von den Gewinnern des Umbruchs aufgebaut wurden. Im Jahr 2013 wurde Das Denkmal „Den ukrainischen Kosaken, den Mitbefreiern Wiens“ am Leopoldsberg errichtet, ein Geschenk eines ukrainischen Politikers, der sich vehement für die Öffnung der Ukraine zum Westen eingesetzt hatte. In seiner Installation „Steppenbeuter“ verweist Franz Kapfer auf die Netzwerke der ukrainischen Oligarchen, die auch nach Wien führen. Alice Creischer wiederum hinterfragt in ihrer Installation „His Master’s Voice“ die Rolle ihres Geburtslandes Deutschland und die der handelnden PolitikerInnen, die mit ihren Sonntagsreden nur zu oft macht- und finanzpolitische Interessen verdecken. Dass die Fronten zwischen pro-westlichen und pro-russischen Agitatoren aber auch innerhalb der Ukraine unscharf sind, zeigt Yuri Leiderman in dem gemeinsam mit Andrey Silvestrov gedrehten Video „Odessa, Fragment 205“. Während einer inszenierten Prozession für den 2005 verstorbenen Künstler Valentin Khrushch kommunizieren die Beteiligten ausschließlich Phrasen des 2014 verstorbenen Künstlers Oleg Petrenkos. Petrenko, ein enger Freund Leidermans, war strikt pro-russisch eingestellt und nutzte seinen Facebook Account um gegen die Annäherung der Ukraine an den Westen zu agitieren. Als Ergänzung zu der – leider nur sehr kurz laufenden – Ausstellung gibt es täglich Gespräche mit KünstlerInnen. Nach der Ausstellung im MUSA sind noch drei weitere „Schulklassen“ in Wien geplant. Programm und Orte unter: theschoolofkyiv.org
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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Die Schule des Reichtums - Eine Klasse der Schule von Kyiv | Kyiv Biennial 2015
12 - 19.03.2016

MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 (0)1 4000 8400, Fax: +43 (0)1 4000 99 8400
Email: musa@musa.at
http://www.musa.at
Öffnungszeiten: Di - Fr: 11:00 - 18:00, Do: 11:00 - 20:00, Sa: 11:00 - 16:00 Uhr


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