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BRAFA - Brussels Antiques and Fine Art Fair: Sieben im Bestand

Sie konnten es nicht lassen. Eigentlich wollten die Macher der Brafa das Teilnehmerfeld nicht mehr vergrößern. Jetzt haben sie es doch getan. 137 Händler, elf mehr als letztes Jahr, stellen auf der Brüsseler Kunst- und Antiquitätenmesse aus. Nach dem alten Adenauer-Motto "Was schert mich mein Geschwätz von gestern" wurden 18 neue Aussteller aufgenommen. Die Fluktuation ist gering und wäre noch geringer, hätten nicht drei langjährige Teilnehmer wegen der Sicherheitsbedenken nach den Pariser Attentaten ihre Zusage zurückgezogen. Zu einer kleinen Tefaf fehlt der Veranstaltung allerdings noch einiges. Vor allem mit der Internationalität hapert es. Lediglich 30 Aussteller stammen nicht aus Belgien (inklusive Luxemburg) oder Frankreich (inklusive Monaco). Lediglich fünfeinhalb Händler sind aus Deutschland angereist. Stefan Brenske (Ikonen, München), Tilman Roatzsch (Möbel, Haag) und Elmar Robert (Mittelalter, Köln) sind nicht mehr dabei. Neu hinzugekommen sind Günter Puhze (Antiken, Freiburg) sowie Frank Landau (Design, Frankfurt), der sich mit Dierking (Stammeskunst, Zürich) und dem einzigen Österreicher Salis (Art & Design, Salzburg) einen Stand teilt. Eberwein zählt nur halb, weil die Mutter Roswitha zwar immer noch in Göttingen residiert, Tochter Antonia hingegen gerade zehnjähriges Jubiläum in Paris feiert. Im Hallenplan firmiert der Stand unter der deutschen Adresse, doch Antonia macht im Gespräch klar, dass sie die Geschäfte über Frankreich abwickelt. Das in Deutschland viel diskutierte Kulturgutschutzgesetz betreffe sie daher erstens sowieso nicht und zweitens warteten ihre Kunden die Entwicklung erst einmal ab. Wahrscheinlich sind die Horter alter Dinge abgeklärter als ihre Mitstreiter, die etwas näher an der Zeitgenossenschaft sammeln. Was weder in Deutschland noch in Österreich besonders gut läuft, findet hier ein aufnahmewilliges Publikum. Antiken, Antiquitäten, Alte Meister und Stammeskunst sind diesseits der Tefaf wohl kaum irgendwo sonst in dieser Breite und Qualität zu sehen. Und im Gegensatz zur "Königin der Kunstmessen" wenden sich die Brüsseler vor allem an den mittelständischen Sammler. Zwar seien die gerade in diesem Jahr etwas zögerlich, das sei allerdings auch verständlich, erklärt Antonia Eberwein - "schließlich soll es ja Spaß machen". Und der kann einem angesichts der aktuellen Lage in Paris und Belgien abhanden kommen. Gleichwohl wird verkauft. De Backker aus Antwerpen fällt regelmäßig durch eine gelungene Standgestaltung auf, die dieses Jahr besonders dramatisch ausfällt: Durch eine halbgeöffnete hölzerne Kirchentür (Spanien, 15. Jahrhundert) wird der Blick über einen fast lebensgroß geschnitzten Sebastian (Siena, 14. Jahrhundert) zu einem Altarretabel (Spanien, 15. Jahrhundert) geführt. Das Portal hat ein deutsches Museum zum niedrigen fünfstelligen Schnäppchenpreis ergattert, für den Heiligen hat ein französischer Sammler fast das Zehnfache bezahlt. Reinsortige Stände sind jedoch fast eher die Ausnahme als die Regel. Viele Aussteller setzen auf eklektische Präsentationen, die dem Sammler den Eindruck vermitteln sollen, dass man mit dem Gezeigten auch tatsächlich leben kann. Die verschnarchte Präsentation, wie man sie im deutschsprachigen Handel weitgehend immer noch pflegt, hat hier keine Chance. Die gute Nachrichtzum Schluss: Der Zuwachs bei den Ausstellern verteilt sich gleichmäßig auf alle Sparten. Die Zeitgenössische Kunst mit ihrem zum Teil fragwürdigen Angebot hat mit La Patinoire Royale, Baronian und Meessen de Clercq nun Zuwachs aus dem Brüsseler Oberhaus der Branche bekommen. Dass die eigene Expertise nicht unbedingt auf diesem Gebiet liegt, wird aus Kreisen der Messeleitung durchaus zugegeben. Daher sind die Neuzugänge zu begrüßen; jetzt müsste nur im Bestand noch ein wenig gesiebt werden. Wachsen kann die Messe nur noch minimal. Ein Teil der Gastronomie wurde schon in ein angebautes Zelt ausgelagert. Selbst unter optimalen Bedingungen wird aus der Brafa also nie mehr als eine "kleine Tefaf" werden. Das hat allerdings auch seinen Charme.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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BRAFA - Brussels Antiques and Fine Art Fair
23 - 31.01.2016

Tour & Taxis
1000 Bruxelles, avenue du Port 86 C/ B
http://www.brafa.art
Öffnungszeiten: 11 - 19h


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