Höhenrausch - Bad Gastein Goes Berlin: Wolkenkratzerdorf Revival

Seit 2011 bereichert ein Residency-Programm für bildende Künstler das sommerliche Kulturprogramm im traditionsreichen Kurort Bad Gastein. Im Kraftwerk unterhalb des dramatisch herabfallenden Gasteiner Wasserfalls nutzten inzwischen 34 Kunstschaffende nationaler und internationaler Provenienz das Angebot zur kreativen Sommerfrische. Ins Leben gerufen durch die in Hamburg ansässige Kunstvermittlerin Andrea von Goetz und Schwanenfließ lockt inzwischen auch eine Sommerakademie in das imposante Thermalbad. Für das Jubiläum zum fünfjährigen Bestehen 2015 kamen dann auch noch Gerwald Rockenschaub und Sissel Tolaas, mit Installationen, als Gäste hinzu. Andrea von Goetz, die an einer weiteren, organischen Entwicklung ihres Projekts interessiert ist, verriet unlängst, dass sie mit namhaften Künstlern für neue, ergänzende Events im Gespräch steht, die einen spannenden Gasteiner Sommer 2016 versprechen.

Aktuell zeigt nun die Ausstellung "Höhenrausch" Werke von 33 Stipendiaten in Kooperation mit der Galerie EIGEN + ART Lab in Berlin. Auf Berlin fiel die Wahl nicht nur, weil hier einige der Künstler ansässig sind und ihre Galerienvertretung haben, sondern auch weil sich Bad Gastein bei einem Kreis Berliner Gäste nachhaltiger Beliebtheit erfreut. Dabei setzte Andrea von Goetz mit dem Projektraum der Galerie EIGEN + ART auf ein Ambiente, das jenseits der Hochglanzgalerien, noch das Feeling der Berliner Mitte während der 1990er Jahre bewahrt. So verzichtet die Präsentation ganz bewusst auf die Aura des White Cube und bringt die unterschiedlichsten Positionen in einen unmittelbaren Dialog.

Die Kunstvermittlerin spricht selbst mit großer Authentizität über jedes einzelne der Exponate. Ob auf Grund einer Juryentscheidung, Empfehlung oder eigener Auswahl zeigt sich Andrea von Goetz allen Künstlern verbunden, die gelegentlich Mitte 40 sein dürfen, aber meist jünger sind.

So findet sich in der Ausstellung neben dem ursprünglich aus der Street Art kommenden Künstler DAIM (Mirko Reisser) auch der erfolgreiche Bühnenbildner Philipp Fürhofer mit einer bildhaften Montage aus Kunststoff und Neonröhren. Vom Boden her grüßen die österreichischen Dauerbrenner "Sissi und Franz" von Malte Urbschat, als mit Aluminiumfolie umkleidete Füchse, während gleich ums Eck Miriam Jonas ihr kleines Gespenst namens "Echo" auf prekäre Weise am Rand eines Sockels positioniert. Figuratives von Daniel Lannes, mit einer expressiven Kampfszene, begegnet geometrischen Kompositionen von Sabrina Fritsch, einer Schülerin des Düsseldorfer Akademieprofessors Peter Doig.

Bad Gastein, mit seinem eigentümlichen Charme der Belle Époque und späten Moderne, ist dabei immer wieder Thema der künstlerischen Arbeiten, nicht nur in Form berühmter Gäste, wie Rainer Maria Rilke, so in der sensiblen Installation von Susanne Stroh, die Texte des Künstlers in eine selbst entwickelte Schrift übersetzt. Die Medienkünstler Franziska Pierwoss und Siska schufen einen atmosphärisch dichten Film im Inneren des verlassenen Kongresszentrums, inmitten der Gemeinde. Gerhard Garstenauers ultramoderner, modular konzipierter Beton-Bau aus den frühen 1970er Jahren gilt manchen als Schandfleck. Schon die Verwendung des obsolet gewordenen Mediums Film spricht von den epochalen Veränderungen, der letzten Jahrzehnte, die den Tourismus nicht weniger betreffen, als die Kunst. Und mit letzterer leitet die umtriebige Andrea von Goetz, in enger Kooperation auch mit örtlichen Kräften, wie Kurdirektorin Doris Höhenwarter, vielleicht schon ein neues Kapitel für das "Wolkenkratzerdorf" im Salzburger Land ein.

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