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FIAC: Stil statt Attitüde

Gerade dieses Jahr ist die Fiac eine echte Wohltat nach der Frieze. Fiel die Londoner Zeltmesse in diesem Jahr durch ihre exorbitante Oberflächlichkeit auf, bei der die mehr (weniger) oder weniger (mehr) stilvollen Outfits der Besucher und Gallerinas (männlich wie weiblich) wichtiger zu sein schienen als die Kunst, gibt man sich im Pariser Grand Palais nicht nur mehr Mühe, sondern beweist auch ein sichereres Händchen bei Kleidung und Kunst. "Das ist ein ganz anderer Zugang hier", erklärt Thomas W. Rieger von der Galerie Konrad Fischer aus Düsseldorf und Berlin. Deshalb nehme man auch nicht mehr an der Frieze teil, sondern habe sich für die Fiac entschieden. Auf der Fiac kommt auch bis auf die Galeriekonzerne kaum jemand auf die Idee, sich kakophonisch in die Koje zu schütten, was gerade weg muss und/oder Erfolg verspricht. Viele Stände sind präzise kuratiert oder zumindest stimmig arrangiert. Christian Nagel, der die Frieze ohnehin meidet, erzählt, dass er sich an der Seine immer bemüht, etwas Besonderes zu zeigen. Dass das auch schonmal daneben gehen kann, zeigt die Gladstone Gallery aus New York. Blutleerer als ihr Stand mit aktuellen Spätwerken von Ugo Rondinone kann eine Einzelpräsentation kaum wirken. Für solche Ausfälle entschädigt die Flucht auf die Galerie des Grand Palais, wo sich die jüngeren Galerien von ihrer besten Seite zeigen. Anders als die Frieze hat die Fiac nach Angaben ihrer Direktorin Jennifer Flay auch nicht mit nachlassendem Zuspruch zu kämpfen: "Das Publikum der Fiac expandiert sogar, geographisch und zahlenmäßig. Dieses Jahr haben wir unsere Vernissageeinladungen sogar halbiert. Wir wollen ein hochwertiges Publikum, und die Galerin bestätigen uns, dass wir richtig liegen. Officelle gestern Nacht und die Außenskulpturen von Hors le Murs war ein kommerzieller Erfolg. Die große Arbeit von Ai Wei Wei ist zum Beispiel verkauft. Wenn solche Outdoor-Arbeiten sich schnell verkaufen, haben wir offensichtlich ein gutes Momentum. Wir unterscheiden uns sehr von den anderen großen Messen, weil Fiac sehr tief verwurzelt ist in einen nationalen Kontext." Das war nicht immer so. Vor zehn Jahren hätte wohl kaum jemand auf eine große Zukunft der Fiac gewettet. Das hat sich deutlich geändert. Flay erklärt: "Das wichtigste, was ich hier getan habe, war die lokale Vernetzung zu reaktivieren, weil die Messe die Unterstützung der lokalen Szene verloren hatte. Das hat einige Zeit gedauert." Allerdings ist die Fiac eine sehr teure Messe; für viele zu teuer. Eine Gruppe junger Galerien hat sich daher zusammengetan, um mit der Paris Internationale eine Alternative anzubieten. Das schmerzt Flay, wie sie offen zugibt: "Es ist eine Enttäuschung für mich, dass wir es nicht geschafft haben, die Bedingungen zu schaffen, die diese Galerien brauchen, um auszustellen. Aber ich muss auch die ökonomischen Zwänge berücksichtigen. Ich würde sie gerne auf der Messe haben." Inhaltlich gibt es auch einige differenzen: "Ich glaube nicht an die eine Ästhetik, wie sie die Macher von Paris Internationale behaupten. Wir könnnen hier im Grand Palais einfach nicht jede Welle neuer Galerien aufnehmen. Daher haben wir mit Officielle einen Event geschaffen, der für sich selbst stehen kann." Übersetzt heißt das: Die Renegaten sind mit der Qualität der Officielle nicht zufrieden, die Fiac mus aber die Officielle-Halle füllen und in der Folge Kompromisse bei den Zulassungen machen. Aber Flay ist zuversichtlich: "Es ist eine gesunde Initiative. Der Dialog hat gerade angefangen. Tatsache ist, dass Internationale und all die anderen nur existieren, weil es die Fiac gibt. Wir könenn die Messe nicht billiger machen, als sie jetzt ist, und wir haben noch keinen Weg gefunden, ihnen entgegenzukommen. Aber ich hätte die Galerien sehr gene dabei." Eigentlich sieht es also gut aus für den Marktplatz Paris. Bei der Fiac macht man sich die Probleme lieber selbst. Beim Eigentümer Reed Expositions gibt es Kräfte, die trotz des Erfolges am Stuhl der Direktorin sägen. Aber mit seinen Kunstmessen hat Reed ohnehin in letzter Zeit kein gutes Händchen bewiesen (Viennafair, Fiac L.A.). Sollte der Konzern ohne Not die Fiac enthaupten, könnte es ganz schnell vorbei sein mit der Herrlichkeit.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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FIAC
22 - 25.10.2015

FIAC
75000 Paris, Grand Palais
http://www.fiacparis.com


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