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Expo Chicago 2015: Unaufgeregte Mischung

Was macht eine gute Kunstmesse aus? Wenn die Galerien tolle Präsentationen großartiger, widerstädiger, nachdenklicher Kunst abliefern, egal ob sie wegen mangender Verkäuflichkeit in Schönheit sterben? Oder wenn die Aussteller mehrmals umhängen müssen, weil ihnen das bunte Zeug aus den Händen gerissen wird? Eine gesunde Mischung aus beidem sollte es wohl sein, um einerseits den Diskurs zu fördern und neben Zahlen Inhalte zu vermitteln, andererseits aber eben auch, um Geld zu verdienen, mit dem die Galerie ihre inhaltliche Arbeit finanzieren kann. Allein, diesen Synthese bringen nur wenige Messen zustande. Die EXPO Chicago versucht sich daran jetzt in der vierten Ausgabe - mit uneindeutigem Ergebnis. Die Galeriekonzerne kommen in zunehmender Zahl in die inoffizielle Hauptstadt von Amerikas Mittlerem Westen. Und zeigen weitgehend bekannte Markenware, die aber immerhin international gut verkäuflich ist, in der vermuteten Kaufkraft angepassten Formaten. Spannender sind wie schon im letzten Jahr die Beiträge kleinerer Programmgalerien, meistens aus Europa oder anderen Teilen der – aus US-Perspektive – Peripherie. Und die heißt nicht selten Berlin. Von den 130 Ausstellern kommen allein sieben aus Berlin. Nur London ist mit zehn Galerien noch stärker präsent. Ein wenig irritierend ist das Angebot der lokalen Galerien. Jim Dempsey von Corbett vs. Dempsey erklärt das mit der etwas ambivalenten Tradition der Stadt. Chicago sei immer ein Ort des Transits gewesen, so sei es auch in der Kunst. Die Kunstszene sei zwar lebendig und wäre gerade in der Lehre immer stark gewesen. Danach seien die Künstler aber in die Welt gezogen, nach Los Angeles oder New York, um dort Karriere zu machen. Chicago habe nie das Selbstbewusstsein besessen, sich als gleichwertig mt den großen Metroploen zu betrachten. Von dieser Einstellung sei wohl immer noch etwas hängengeblieben. Es gebe zwar immer einige Sammler in der Region, die sich für junge Kunst interessierten. Das reiche jedoch gerade dazu aus, das Pflänzchen am Leben zu erhalten, aber nicht, um es zur vollen Blüte zu bringen. Mittlerweile existierten immerhin einige Galerien, die mit ihrem Programm Anlass zu Hoffnung gäben. Die Sektion "Exposure" sollte es eigentlich richten und als Frischzellenkur für die Messe fungieren. Maximal sieben Jahre dürfen die hier ausstellenden Galerien alt sein. Als alleiniges Kriterium erweist sich die Altersgrenze allerdings als untauglich. Eleven Rivington aus New nimmt zum zweiten Mal teil und hat seine erste Ausstellung laut eigener Webseite am 26. Januar 2007 eröffnet. Eine andere Galerie ist gar zum dritten Mal dabei. Nicodim, die letztes Jahr noch unter Bukarest/Los Angeles firmierten und jetzt nur noch den kalifornischen Standort angeben, treten wegen des Erfolges gleich zum zweiten Mal mit ihrem Künstler Razvan Boar an. Anlass zur Feinjustierung bietet sich für die EXPO Chicago also reichlich. Sie hat durchaus das Potential zur wirtschaftlichen Wiederbelebung der Kunstszene in der Stadt beizutragen. Es kann sicher nicht schaden, einen etwas unaufgeregteren Marktplatz, als es Miami, New York oder Los Angeles sind, in den USA zu etablieren.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Expo Chicago 2015
18 - 20.09.2015

Expo Chicago
IL 60611 Chicago, Navy Pier, 600 E Grand Ave
http://expochicago.com
Öffnungszeiten: 11-19, So 11-18 h


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