Die Natur ist innen. Der Maler Wolfgang Hollegha.: Wenn ein Maler der Welt seinen Körper leiht
Es ist eine lange und spannende Geschichte. So auch in der Steiermark, wo Kunstgeschichte geschrieben wird und das Drama des Alltags seine Stücke im Atelier spielt, wobei es immer andere Formen und Farben annimmt. Wolfgang Hollegha (*1929, Klagenfurt), der an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Josef Dobrowsky studierte, war unter anderem Mitglied der Malergruppe St. Stephan, die sich 1956 um Monsigniore Otto Mauer (1907-1973) gründete. Er war Teil der Hundsgruppe, reiste während seiner regen Ausstellungstätigkeit auch nach New York, wo er 1958 den Guggenheim-Preis erhielt und seine Arbeiten mit denen amerikanischer Abstrakten Expressionisten gezeigt wurden. 1964 stellte er zudem auf der von Arnold Bode und Werner Haftmann geleiteten documenta III in Kassel aus. Großformatig und im Überfluss ist ihm die Farbe zum Material geworden. Sie macht nicht nur den Anschein sich über die ihr als Unter- und Haftgrund dienenden Leinwand zu bewegen. Gemäß Holleghas künstlerischer Praxis folgen auf die Wahrnehmung der Welt Zeichnungen, worin er die Natur mittels Bleistift und Kreide zu beschreiben, zu fassen sucht und die als der Bilder Anlass seine Methode begründen. Die Zeichnungen bilden den ersten Schritt im Schaffensprozess und auf dem Weg zum gemalten Bild, das vielmehr ein geschüttetes, ein gewischtes ist. Dabei überlässt der Künstler beinahe nichts dem Zufall. Alles ist Kalkül. Die sich abstrakt expressionistisch gebärdenden Werke sind nicht das Ergebnis bloßen emotionalen Ausdrucks, doch sind sie nicht frei von jeglichem Gefühl, so scheint der Auftrag Zeuge einer Unruhe, eines Drängens zu sein, trotz der Helligkeit und Buntheit der Farben. Es handelt es sich um Nähe und Distanz, um Wahrnehmung und Bewegung, um Aufnahme und Wiedergabe von Reizen, von Sinneseindrücken. Die in der Ausstellung gezeigten Videos porträtieren den Maler und dokumentieren die Arbeit Holleghas unter anderem in seinem von ihm eigens entworfenen Atelier am Rechberg in der Steiermark. Die künstlerischen Ergebnisse sind Zeugnisse eines Malers, der Teil einer Entwicklung war, die sich Mitte des vergangenen Jahrhunderts ereignete und von der er sich letztlich emanzipierte. Dem Bildbegriff wurden ständig neue Grenzen gesetzt. Die Abstrakten Expressionisten wie Jackson Pollock (1912-1956) oder Künstler wie Sam Francis (1923- 1994) und Morris Louis (1912-1962) scheinen hier Pate zu stehen, doch zeichnen Holleghas Arbeiten mehr ein Bild Abstrakten Realismus’ oder Naturalismus’. Sein methodisches Vorgehen beginnt bei einem (Natur-)Gegenstand, wie die Werke Holzstück III (1966), Schachteltier (1970) und Holzstück (1973) beweisen. Während seines weiteren Verfahrens werden die Objekte so weit transformiert (transzendiert) und deren Wesen vom Künstler so sehr verinnerlicht, um schließlich mittels stark verdünnter Ölfarbe aus Schalen über die am Boden liegende Leinwand gegossen und mit Tüchern oder bloßen Händen verwischt zu werden. All das passiert nicht zufällig, sondern mit Bedacht. Dabei findet der Pinsel nur mehr in den seltensten Fällen seine Anwendung. In Holleghas Licht durchflutetem 15 Meter hohen Atelier schafft er unermüdlich Unermüdliches, denn satt gesehen hat man sich trotz des zahlreich vorhandenen abstrakten Bildwerks immer noch nicht, zeigt es doch so viel an – trotz der fehlenden klar erkennbaren Motivik. Die einfache Holzrahmung macht die Werke noch zusätzlich greifbarer. Die Ausstellung trägt den Titel „Die Natur ist innen“ und präsentiert einen Querschnitt durch Helloghas künstlerisches Schaffen. Bildtitel wie Blaue Maschine, Rosa Trompete (1949/50), Rote Puppe (1968), Spanischer Korb (1984) und Weidenkorb (2015) verweisen auf den Kommentar des Kurators Günther Holler-Schuster, dass alles irgendwie Bedeutung haben kann und darauf, dass Zeitlosigkeit ein Merkmal der Arbeiten Holleghas darstellt. Der performative Schaffensprozess, wobei der Maler vom Gegenstand ausgehend zur Zeichnung gelangt, dem eine Verinnerlichung, ein „Einverleiben“ folgt, um dann in einem gemalten Bild zu resultieren – dieser konzentrierte malerische Vorgang führt zu einer Körperlichkeit desselben, und gleichzeitig zu einer Schau, die von einer immer noch anhaltenden Liebesgeschichte zwischen dem Künstler und der Welt erzählt.
09.10.2015 - 07.02.2016
Neue Galerie Graz
8010 Graz, Joanneumsviertel
Tel: +43 316 8017-9100
Email: joanneumsviertel@museum-joanneum.at
http://www.neuegalerie.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-17 h