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Cindy Sherman - Works from the Olbricht Collection: Meisterin der Maskerade

Alleine der Anblick „regt die kleinen Geisterchen in uns an, die die Schleuse öffnen. Unser hormonelles System gerät über Endorphine und neuronal vernetzt über Transmittersubstanzen in Wallung. Schließlich erreichen die Signale Hypophyse und Nebenniere. Stresshormone, Wachstumshormone, Cortisol und Katecholamine werden ausgeschüttet. Nur ein Ziel streben diese Kompensationsmechanismen an, das Besitzenwollen nicht als Schreck, sondern als wohltuend und vor allem als notwendig zu empfinden“. Zweifelsfrei, hier spricht ein Spezialist genaugenommen ein Hormonspezialist. Womöglich auch einer mit eben jener persönlichen Erfahrung, dass ein Blick sofort zur baldigen Erfüllung von Begehrlichkeiten drängt, die einen bisweilen in eine eher tiefere Kriese zu stürzen vermag. Der eingangs zitierte hormonelle Vorgang stammt nicht etwa aus einem Vortrag einer medizinischen Tagung, sondern einer Laudatio zur Verleihung des Kaiserrings Goslar im Jahre 1999. Die Auszeichnung erging damals an Cindy Sherman, Meisterin der Maskerade, der Herr am Podium indes wusste in der Tat, wovon er sprach, als Mediziner wie als Sammler. Nun muss man über das Œuvre der Künstlerin mit ihren grandiosen Selbstinszenierungen in Rollen und Klischees, dem Karikieren bis ins Unheimliche nicht allzu viele Worte verlieren. Man kennt diese Fotografien, deren Unverwechselbarkeit und Wiedererkennungswert. Im Sammlerleben von Thomas Olbricht nimmt das Werk von Sherman eine ganz besondere Rolle ein. Als er in New York im Herbst 1996 durch die Scheiben von Metro Pictures erstmals Arbeiten von Sherman erblickte, hatte er zuvor noch nie nur eine einzige Fotografie, von wem auch immer, für seine Sammlung gekauft. An diesem Tag wurden es gleich fünf, was wohl auch für die beiden Galerieleiterinnen eher überraschend gewesen sein dürfte, zumal der neue Kunde offensichtlich noch nie von der Künstlerin gehört hatte. Nach eingehender Recherche und Vertiefung sollten es noch weitaus mehr werden. Die Leidenschaft fand einen Höhepunkt im Jahr 2000 als der Sammler nicht anders konnte als in eben jener Galerie die zur Schau gestellte neueste Serie in Bausch und Bogen zu erwerben. Dem Kaufrausch folgte freilich eine gewisse krisenhafte Katerstimmung, so etwas dauert meist so lange bis man den jüngsten Ankauf innerhalb der eigenen Sammlung präsentiert sieht. Nun also Cindy Sherman in den Räumen der Stiftung Olbricht in Berlin, dem me collectors room. Olbricht gehört zu der überaus angenehmen Gruppe von Sammlern, die die Früchte ihrer Leidenschaft zwar zeigen und gerne verleihen, doch stets in dem Wissen der eigenen Individualität und Verschrobenheiten. Olbricht scheint keiner zu sein, der der Welt das Sammeln oder gar die Kunst erklären will. Es ist die Gleichzeitigkeit von Schein und Sein, „in der die Befindlichkeit des heutigen Menschen zum Ausdruck kommt“ die ihm am Werk von Cindy Sherman reizt, verrät der Sammler in der begleitenden Publikation. Sein über die Jahre gewachsenes umfassendes Konvolut vermag es, das Œuvre der Künstlerin bestens abzudecken und sieht man es im Kontext der Sammlung wird schnell klar, dass sich zu Schein und Sein noch das Unheimliche, latent Ekelige gesellen. Auf kuratorische Gesten hat Olbricht indes verzichtet, dem Vernehmen nach war es die Künstlerin selbst, die ihr Werk in den Räumen der Auguststraße arrangiert hat.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Cindy Sherman - Works from the Olbricht Collection
16.09.2015 - 28.08.2016

me Collectors Room
10117 Berlin, Auguststraße 68
Tel: +49 (0)221 923 59 87, Fax: +49 (0)221 923 59 88
Email: info@me-berlin.com
http://www.me-berlin.com
Öffnungszeiten: Di–So 12:00–18:00 Uhr


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