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The Essence 15: Zukunftsweisende Interdisziplinarität

Die Essence 2015, Jahresausstellung der Angewandten 2015 mit dem Motto „Liberté, égalite, full HD“ im Künstlerhaus präsentiert ausgewählte Arbeiten der StudentInnen. Die künstlerischen Einzel- bzw. Gruppenarbeiten beweisen die Interdisziplinarität, die zukunftsweisende Denkrichtung und die intermediale Grenzüberschreitung an der Angewandten, die mit Kunst als „Tool“ an sich in alle Richtungen möglich gemacht wird. Gemeinschaftsprojekte stehen verstärkt im Vordergrund, bestätigt Kurator Edek Bartz, der Essence schon seit einigen Jahren betreut. In den studentischen Arbeiten lässt sich besonders die Konvergenz künstlerischer Medien erkennen: Fotografie, Film, Video, Computer, interaktive Installationen, Sound, Performance, Interventionen im öffentlichen Raum - künstlerische Forschung wird an allen Instituten weitergetrieben, experimentelle Herangehensweisen untersuchen unser Wirklichkeitsverständnis und verändern unsere Wahrnehmung der Welt und unsere Vorstellung was möglich ist und sein kann. Die zukunftsweisende Interdisziplinarität an der Angewandten wird an allen Instituten vorangetrieben. Ruth Schnells Klasse „Digitale Kunst“ macht diese grenzübergreifende Arbeits-und Denkweise in punkto Sprache, Sound, Digitale Medien und Machtstrukturen deutlich. Annika Sophie Müller zeigt mit „Mundstücke“ kleine weiße Watte-Skulpturen, welche wie vergrößerte gekaute Kaugummis aussehen. Diese gekaute Watte ist für die Künstlerin im übertragenen Sinn „Wiedergekäutes“ aus unserer Sprachwelt. Stimme und Sound macht Machtstrukturen deutlich. Ihr Video zeigt eine Performance, in der sie selbst Watte kaut. Bestimmtes sprachliche Wiederholungen machen diese Machtstrukturen deutlich: ein Würgereiz, körperliches Unbehagen entsteht. „Code Talk“ von Kathrin Stumreich zeigt eine Video/Audiosequenz und beschäftigt sich ebenfalls mit Sprache: sie zeigt den letzten der 29 Entwickler des Navajo-Codes, der im Auftrag des US-Militärs im 2. Weltkrieg entwickelt wurde. Die Worte des Navajo werden mittels Spracherkennungssoftware vom Screen abgetastet und über Kopfhörer vermittelt. Transdisziplinär arbeiten auch David Osthoff und Stefan Herbert mit „Hidden Noise“. Diese Arbeit entstand im Rahmen eines Workshops mit Christina Kuisch. Während Stadtspaziergängen – „Electrical Walks“ – mit Kopfhörern ausgerüstet, erforschten sie elektromagnetische Felder. So zeigt das Video „Hidden Noise“ diese Ergebnisse - akustische und visuelle Topografien Wiens. Auch die neu eingeführte Klasse „Angewandte Fotografie und zeitbasierte Medien“ von Matthias Koslik zeigt ihre ersten Arbeiten im Künstlerhaus. Die aktuellen Kollektionen der Modeklasse wurde von den StudentInnen dieser Klasse inszeniert und abfotografiert. Diese Klasse konzentriert sich ausdrücklich auf den angewandten Bereich und erschließt Dokumentarfotografie, Fotojournalismus, Modefotografie, Landschafts- und Architekturfotografie, Produkt- und Werbefotografie. Durch die Einführung der Klasse „Angewandte Fotografie“ entsteht eine klare Abgrenzung zur künstlerischen Auseinandersetzung mit der Fotografie der Klasse Gabriele Rothemann. Bastian Schwind beschäftigt sich mit dem Wort als getipptes Motiv und übersetzt es fotografisch: Ein großformatiger Abzug wird an der Wand angebracht und das gelesene Wort wird ein Bild, das sich mit Wort/Sprache und Sehgewohnheiten auseinandersetzt. Julia Rohn zeigt „Superbright“. Sie beschäftigt sich fotografisch und skulptural mit der Tendenz zur Überästhetisierung von Putzmaterialien. Formen, Farben und Strukturen - Allegorie einer Wegwerfware sind dargestellt. Ihre Fotografien und Objekte erinnern an Pop Art, als ein ironischer Moment in Bezug auf Konsumkultur. Stille Monumente, minimalistisch und figurativ, dennoch grelle Farben: Ihre C-prints zeigen Putzfetzen und Putzschwämme. Zwischen Boden und Decke im Künstlerhaus hat sie einen Turm aus bunten Putzschwämmen gebaut. Irene Hopfgartner zeigt ebenfalls eine Rauminstallation in Verbindung mit Fotogafie, die sich mit der Inszenierung und Repräsentation von Natur auseinandersetzen. Ihr Titel der Rauminstallation: „Bitte mir den Kopf von links nach rechts sehend zu präparieren“. Die Klasse Malerei von Henning Bohl, eine neue Professur an der Angewandten, präsentiert alle StudentInnen der Klasse, die mitmachen wollten. „BOX OF DOOM presents Miscellanea“ – selbstgefertigte Fanzines sind in der Künstlerhauspassage Passagengalerie ausgestellt. Wie soll man sonst eine große Klasse mit allen ihren Arbeiten in einer Gemeinschaftsausstellung präsentieren? Hier geht es den StudentInnen besonders auch darum die Sprache und Wirkung der Medien an sich zu untersuchen. Eine praktische medientheoretische Auseinandersetzung: von der Leinwand zum Print, zum Fanzine – was verändert sich durch die Sprache und Präsentation durch unterschiedlicher Medien? Die Fanzine wurden mittels Risographie, einer Drucktechnik ähnlich dem Siebdruck selbst hergestellt. Dem Kernbereich Malerei wird auch in der Klasse Henning Bohl Raum für transdisziplinäre Arbeitsweise gegeben. Die Klasse „Malerei und Animationsfilm“ von Judith Eisler wurde von Melanie Ohnehmus kuratiert. Fernab von Malerei ist auch in dieser Klasse Raum für Transdisziplinarität und Erprobung anderer Medien, so ist in dieser Klasse von Diplomandinnen die Performance-Kunst Gruppe Club Fortuna entstanden, die selbst organisiert während der Venedig Biennale eine Performance gemacht haben. „Korrekotrat No7“ eine Gemeinschafts-Druckgrafik, aus der Klasse „Grafik und Druckgrafik“ von Jan Svenungsson ist ein großflächiges Leinwandbild, das in der Zusammenarbeit mit der österreichischen Künstlerin Evelyn Wimmer, entstanden ist. Ein von Wimmer geschaffener monumentaler Siebdruck, der Licht-/Elektrizitätssymbolik zeigt, wurde aufgegriffen und weiterbearbeitet. Die Architekturprojekte unter der Leitung der Studios Zaha Hadid, Hani Rashid und Greg Lynn sind beeindruckend in einer Art dunklen Wunderkammer präsentiert. Computergenerierte Animationen der Entwürfe spiegeln sich holografisch in kristallklaren Pyramiden. An diesen Präsentationen gibt es nichts auszusetzen und es zeigt sich, dass ein tatsächlicher Praxisbezug und intensive Betreuung der ArchitekturstudentInnen gesichert sind. Die Klasse „Landschafskunst“ von Paul Petritsch zeigt das Gemeinschaftsprojekt „...die butter neben der espressomaschine“. Unterschiedliche Formate werden zur Auseinandersetzung genutzt: Was ist die Essenz eines Ortes? Ein Ort entsteht nicht alleine, sondern in der Auseinandersetzung und durch Vernetzung. Die Klasse Oliver Kartak „Grafik Design“ zeigt die Idee einer neuen Weltausstellung: „Expo der Minderheiten. Eine Weltausstellung“. Kleine Pavilions thematisieren aktuelle gesellschaftliche Problemstellungen – „Empathie“ als Stichwort wird in den Designprozess einbezogen und eröffnet neue Wege und Lösungen. Hans Schabus’ Klasse „Skulptur und Raum“ ist am ehemaligen Nordbahnhof zu finden im Rahmen des laufenden Ausstellungsprojekts „Import Export“ – die Klasse versteht sich selbst als ein beweglicher Raum, die das Dazwischen, die Verbindung, die Skulptur als Werkzeug herstellen kann untersucht, um Gesellschaft zu verhandeln . Das Verlassen des institutionellen Rahmens ist den 17 StudentInnen ein Anliegen um Autonomie als künstlerische Strategie zu adressieren. „TransArts – Transdiziplinäre Kunst“ aus dem Institut für Bildende und Mediale Kunst zeigt ebenfalls eine Auswahl von Arbeiten, die sich durch den Dialog diverser künstlerischer Ausdrucksformen auszeichnen. Mit der Security-Skulptur „Revierstreifenflotte Nr.1“ an der Künstlerhausfassade beschäftigt sich Tim Hartmann mit dem Sicherheitsbegriff. Ein Turm aus lebensgroßen Sicherheitsmännern scheitert scheinbar am Eindringen ins Gebäude – die Installation kippt, ist fragil und der Sicherheitsbegriff gerät ins Wanken. Das Institut Sprachkunst (Esther Dischereit, Ferdinand Schmatz) zeigt das Ergebnis von einem Workshop mit Yin Sha und Zheng Xiaoqiong, chinesische Künstler und beschäftigt sich mit der Frage von Sprache und Kollektivität: Chinesische LiteratInnen leben in Ungewissheit. Warum wird wer verhaftet? Die Abteilung „Social Design“ unter der Leitung von Anton Falkeis, ein Masterstudium am Institut für Kunst &Gesellschaft, zeigt mehrere Arbeiten, die in dem Fanzine „displaced“ zusammengefasst wurden. Das Studium stellt die Frage, wie und zu welchen sozialen Innovationen Kunst führen kann. Widersprüche städtischer Lebensumgebungen wurden in den letzten Monaten untersucht. „Wieso brauchen Rolltreppen Energie zum Abwärtsfahren?“ , ist jedenfalls eine Frage, die hier von Dieter Lang gestellt und in einer Soundarbeit verhandelt wird. Seine Masterarbeit bedient sich des strategischen Prinzips der Absurdität – welche Effizienz bindet uns an Rolltreppen? Cosima Terrasse und Christoph Steininger entwerfen neue Identitätskarten in ihrer Arbeit „Offenthaltstitel“, Miriam Hübl und Alejandra Loreto reflektieren Ungleichheit in unserer Konsumwelt in „Der große Ausgleich, und wie er sich beim Forum Alpbach darstellen könnte“ Design konzentriert sich an der Angewandten auch auf unsere Gesellschaft. Nicht nur die Abteilung „Social Design“ erforscht, wie unsere Gesellschaft neu formuliert werden kann. Am Institut für Kunstwissenschaften-/pädagogik&-vermittlung IKK.K wird ein Manifest für eine neue Schule verhandelt. Sticker werden vom IKK.K ausgeteilt u.a. mit der Frage „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“ . Kunst stellt ständig Fragen an unsere Gesellschaft. Mitdiskutieren ist möglich – Meinungen können auf sende.es/aufbruch gepostet werden. Alle Arbeiten, Institute und Präsentationen im Rahmen der „Essence“ docken an dieser Fragestellung an. Wie kann auf die rasenden gesellschaftlichen Veränderungen reagiert werden? Die StudentInnen der Angewandten haben eine ganze Reihe von Antworten, Lösungen und Projekte dafür.
Mehr Texte von Harald Zinner-Wögerbauer

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The Essence 15
26.06 - 12.07.2015

Künstlerhaus Wien xx
1010 Wien, Karlsplatz 5
Tel: 01 587 96 63, Fax: 01 587 96 36
Email: office@k-haus.at
http://www.k-haus.at/
Öffnungszeiten: täglich 10 - 18, do 10 - 21 uhr


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