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Climate Changes Everything : Kopfarbeit

Im Kunst Haus Wien wird seit März 2015 die Garage bespielt. Die Auseinandersetzung mit dem Begriff Natur und aktuellen ökologischen Fragestellungen sollen darin Platz finden, ganz im Sinne von Hundertwasser selbst, der eine prägende Figur umweltbewussten Denkens wurde. Die aktuelle und erste Ausstellung dieser Ausstellungsvision mit dem Titel „Climate Changes Everything“ soll laut Ausstellungstext, die Augen der BesucherInnen öffnen und ihre Verantwortung aktivieren. Die Augen sollen angesichts der globalen Klimakatastrophe, die nach UN-Zahlen schon jetzt jährlich rund 400.000 Menschenleben kostet, geöffnet werden. Die Auswahl künstlerischer Arbeiten sollen ein kritisch-ökologisches Engagement zeigen, als Fortsetzung von Hundertwassers Visionen. Niklas Goldbach’s „Land of the Sun“, ein 11minütiges Video, zeigt eine neue Ausformung des „American Dream“. Angesichts Ressourcen- und Platzknappheit, nicht nur wegen der Gentrifizierung in San Francisco und Silicon Valley, entstehen Straßen, Infrastruktur und vereinzelte Häuser in der Wüste Kaliforniens. Es ist verwunderlich, dass eine Bewohnerin von „State of the Sun“ im dem Video unterlegten Interview meint, sie vermisse das Shoppen hier nicht. Die Wüste bringe Privatsphäre und den romantischen und klaren Blick auf die Sterne. GPS bringt die BewohnerInnen von „State of the Sun“immer wieder zurück nach Hause, so kann mensch auch nicht mehr in der Wüste verloren gehen. Die Straßen von „State of the Sun“ sind schon erfasst und benannt. Es ist ruhig, besonders frühmorgens, wenn die BewohnerInnen zur Arbeit fahren - der Verkehr ist quasi (noch) nicht vorhanden. Platzressourcen für neue amerikanische Träume und Visionen gibt es in der Wüste immerhin genug. Andere Immobilienlösungen schlägt Marlene Hausegger vor. Sie hat ein Iglu mit alten Klimageräten gebaut, das im Hof des Kunst Haus Wien steht und Teil der Ausstellung ist. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist und es wegen der Erderwärmung keine Iglus mehr aus Eis geben sollte, kann sich jeder immerhin Iglus aus Plastik oder anderen technischen Abfällen und Resten basteln. Es gibt genug, was sich umwandeln, transformieren und recyceln lässt. Ein Iglo im Hausegger-Stil in der Wüste oder in der Stadt bietet zumindest ein Dach über den Kopf. Yevgenia Beloruset‘s großformatiges Foto thematisiert die Probleme der Energiegewinnung in Kiew. Der C-Print zeigt die Ansicht eines abgebauten Kohlebergs: diese schwarze Pyramide entspricht auf die Klimakatastrophe umgerechnet zwei Menschenleben. Jürgen Drescher’s Skulptur steht direkt vor Niklas Goldbachs Video und kann als silbrige Form entweder als Thunfisch (so wie er gefroren in den Handel kommt) oder als Bombe wahrgenommen werden. Dass es um Zerstörung geht, in diesem Fall um Ausbeutung des Fischbestands, ist mit dem ersten Blick klar. Die Zeichnungen von Nadira Husain, Anna Meyer, Katrin Plavcak und Silke Wagner erinnern an das Leben der legendären Umweltaktivistin und Grünen-Politikerin Petra Kelly, die im Schlaf von ihrem Lebensgefährten, Generalmajor Gert Bastian, 1992 erschossen wurde. An diese Szene erinnert die Zeichnung von Anna Meyer. Die Klimakurve zeigt unterschiedliche Effekte und wird in der Zeichnung von Anna Meyer auch mit „Todeskurven“ in Verbindung gebracht mit den Portraits von Petra Kelly, Grace Kelly und Lady Di. „In der Klimakurve lauert der Tod“, steht in Blockbuchstaben unter einer sich drehenden Erdkugel. Sind all die gesellschaftlichen Herausforderungen, die wegen des Klimawandels auftauchen, vielleicht nicht Probleme, sondern Chancen umzudenken und Neues zu gestalten? Im Sinne von „Climate Changes Everything“- ja, ein Umdenken ist nötig. Oder war es das immer schon? Visionen, wie sie Hundertwasser gehabt und realisiert hat, können eine Inspirationsquelle sein, die für (gesellschaftliche) Umdenk- und Gestaltungsprozesse nötig sind. Kunst kann Ansätze liefern, Probleme anders zu betrachten. Einfache Lösungen und Antworten gibt es für solch komplexe Herausforderungen und zusammenhängende Fragestellungen wie den Klimawandel und Ressourcen-Knappheit wohl nicht. Weitere neue Visionen, Ideen, Lösungen und Inspirationsquellen, wie sie Marlene Hausegger und Niklas Goldbach zeigen, kann es weltweit nicht genug geben, um einigermaßen unbeschadet bei den uns allen betreffenden Veränderungen mitzuhalten.
Mehr Texte von Harald Zinner-Wögerbauer

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Climate Changes Everything
11.06 - 27.08.2015

KunstHausWien
1030 Wien, Untere Weißgerberstraße 13
Tel: +43 1 712 04 95 0, Fax: +43 1 712 04 94
Email: office@kunsthauswien.com
http://www.kunsthauswien.com
Öffnungszeiten: Opening Days 29.02.-3.3.2024


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
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bitteichweisswas | 14.07.2015 06:54 | antworten
allein Marlene Hauseggers Beitrag als "zukünftige recyclierte Behausungsmöglichkeit" abzutun, greift zu wenig !! Die Arbeit ist vielmehr eine kluge, klimakritische Intervention-

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