Werbung
,

Black Mountain. An Interdisciplinary Experiment, 1933–1957: Schwarz sehen?

Der Geschichte des legendären us-amerikanischen Black Mountain College ist jetzt im Hamburger Bahnhof in Berlin eine überaus sehenswerte Ausstellung gewidmet. „Black Mountain. Ein interdisziplinäres Experiment 1933- 1957“ ist vor allem deswegen wichtig, weil sie weite Bereiche heutiger Kunstausbildung „alt aussehen lässt“. Statt einem professoral orientierten „1 Klassensystem“ und einer relativ frühen Konzentration auf nur ein favorisiertes künstlerisches Medium, wie heute in den meisten Kunsthochschulen (wieder) üblich, praktizierte man am Black Mountain College nicht nur ein so offenes wie interdisziplinäres Programm, sondern auch eines, das, orientiert an John Deweys wegweisendem Buch „Kunst als Erfahrung“ (1934), nicht an der Zurverfügungstellung von akademischen Kunstwissen interessiert war, sondern an der kollektiv und experimentell erarbeiteten Vermittlung von ästhetischer Erfahrung. Zudem wurde dabei kein Unterschied zwischen Kunst und Wissenschaft gemacht, letztere wurde vielmehr als eine Basis für jedwede künstlerische Praxis verstanden. Somit unterscheidet sich das Black Mountain College, in dem bildende Künstler, Architekten, Musiker, Tänzer, Literaten und Wissenschaftler gleichberechtigt miteinander „lehrten“ fundamental von heutigen „Kunst-Erfolgsschmieden“ der Marke „Frankfurter Städel-Schule“. Gegründet wurde das Black Mountain College 1933 von John Andrew Rice, wenige Monate später stießen nach der Auflösung des Bauhauses die deutschen Exilanten Joseph und Anni Albers hinzu, später auch Walter Gropius, Lynol Feininger und Xanti Schawinski. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren es dann vor allem Künstler aus den USA, die für den legendären Ruf des College sorgten, darunter John Cage, Robert Rauschenberg, Franz Kline und Cy Twombly. Um das Namedropping fort zu setzen: Auch Merce Cunningham, Albert Einstein, Ernst Krenek, Robert Creeley und Richard Buckminster Fuller waren hier tätig. 1957 wurde das Institut aufgelöst, wirtschaftliche Schwierigkeiten und der Verdacht es wäre „kommunistisch unterlaufen“ waren wohl die wichtigsten Gründe hierfür. Die Geschichte des Black Mountain College wird in der konzentrierten Ausstellung in unterschiedlicher Weise dokumentiert: Kunstwerke, z. B. von Joseph Albers, Cy Twombly und Robert Rauschenberg, musikalische Notationen, etwa von John Cage, dokumentarische Fotos und Videos, Textfragmente, Tonaufnahmen und weiteres Archivmaterial erinnern an die hier geleistete ästhetische Erziehung. Leider drohen diese Exponate in der recht bemühten Ausstellungsarchitektur des raumlabor_berlin ein wenig unterzugehen. Dafür aber, und dieses ist entscheidend, wird während der gesamten Ausstellungsdauer in Lesungen, Performances und Konzerten nach der Aktualität der damaligen kunstpädagogischen Ansätze gefragt. Dieses auch in den von dem Komponisten Arnold Dreyfuß konzipierten Aufführungen „Performing the Black Mountain Archive“, die zwischen 11 und 13 sowie zwischen 15 und 17 Uhr in der Ausstellung stattfinden.
Mehr Texte von Raimar Stange

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Black Mountain. An Interdisciplinary Experiment, 1933–1957
05.06 - 27.09.2015

Hamburger Bahnhof - Nationalgalerie der Gegenwart
10557 Berlin, Invalidenstraße 50- 51
Tel: +49 30 266424242
http://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/hamburger-bahnhof/home.html
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr10-18, Do 10-20, Sa, So 11-18 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: