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Birgit Megerle: Images and Currencies

Zur Zeit gibt es zwei Galerieausstellungen in Wien, die der Internet-Ästhetik nahe stehen und sich auf die fragile und feingliedrige Figur des Triangels beziehen. Bei Nora Schultz in der Galerie Meyer Kainer steht seine dreieckige Form latent im Fokus ihrer skulpturalen Installation. Bei der in Berlin lebenden Malerin Birgit Megerle, die noch vor kurzem an der Wiener Akademie der bildenden Künste Malerei unterrichtete, ist das zarte Schlaginstrument beim Entree ihrer Ausstellung in der Galerie Emanuel Layr zu sehen. Die als Poster fungierende Fotografie annonciert ihre Präsentation „Suite“, die einem bühnenartigen Setting gleicht und dessen Raumfolge in Farbfeldern aus Stoff ausklingt. Triangel kann bei Megerle die Praxis der Transformation im Sinne der Übergangsweisen von einem Ausdrucksregime zu einem anderen wie z.B. von der Figuration zur Abstraktion, vom Posieren zur Performance, vom Sein zum Schein und vice versa bedeuten, oder endlos dehnbare Zeichen- und Imageketten des digitalen Zeitalters. Somit wird auf die „Malerei jenseits ihres Mediums“ hingewiesen, die über ihre eigenen Formate und die Kontrolle des Autors in den Raum hinausgeht und so etwas wie die äußere Membrane bildet und diese ausdehnt. Daher hängen Bilder nicht bloß an der Galeriewand, sondern sie formatieren den Raum: Die abstrakten Kompositionen mit in zarten Pastellfarben gehaltenen und aufeinander übergreifenden Rautenmustern (Suite I und Suite II) schaffen erquickende mentale Resonanzräume für die seltsam irreal, erhaben, fahl oder phantomartig wirkenden Porträtdarstellungen sowie Rollenbilder von zumeist öffentlich bekannten Frauengestalten, die uns kaum eines Blickes würdigen. Man kann sie sich wie Film-Stills ansehen. Zuerst begegnet man einem für Megerles Frauentypenarsenal ungewöhnlich glamourösen Porträt einer jungen adretten Catherine Deneuve als „Beauty Fields“, dem aus der anderen Ecke das viel ältere Gesicht einer anderen eleganten und mächtigen Superheldin in Grautönen entgegen blitzt. Die Rede ist von Madame Lagarde, Chefin des IWF beißend mit Augenzwinkern als „Living Currencies“ zur Schau gestellt. Dazwischen hängt das Bild „Antichambre“. Es zeigt in der Mitte die Büste eines nahezu fotografisch genau nach dem SW Foto des amerikanischen Fotografen Denny Fitzgerald gemalten Jünglings, das seiner bekannten Brooklyn Boys Serie aus den 1960er Jahren entstammt. Die aalglatten Porträtoberflächen begleiten die kleineren Männersilhouetten, die wiederum den Comics von Jaime Hernandez entliehen sind. Durch Striche, durchsichtige Farbflecken und andere verwischte Markierungen sind vermutlich laszive Handlungen zweier Herren, wie Megerle meint, verdeckt. Dort und da huschen noch im Bild blaue Miniwindräder wie utopische Hoffnungsträger. In den perfekt inszenierten und gemalten Porträts, die meistens eine homogene Bildoberfläche aufweisen, tauchen auch statt Gesichtern starre Kultmasken ohne Körper auf. Raster, diverse Architekturkulissen und Ornamente und immer wieder nebenbei freigesetzte, unscharfe, schillernde Farbfelder lassen uns an Color-Field-Malerei mit ihrem Hang zum Sublimen und bildimmanenter Bewegung denken. Megerles "Suite" ist einerseits wie ein imaginärer Spiegel von uns selbst. Sie besteht aus mehreren Stücken widersprüchlichen Charakters: einem strengen Marsch, einem Schlaflied wie auch einer Passacaglia. Andererseits findet ihre Malerei, an vielen Orten und Nicht-Orten gleich statt; Bilder und Artefakte können sich öffnen und schließen, real und fiktiv, subjektiv und objektiv sein und wie die Heterotopien mehrere Räume an einem einzigen Ort vereinen und zueinander in Beziehung setzen. Somit kommt Megerles Malerei wie Images und Currencies nie zur Ruhe.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Birgit Megerle
30.04 - 06.06.2015

LAYR Vienna (alte Location)
1010 Wien, Seilerstätte 2/26
Tel: +43 1 945 1791, Fax: +431 1 5238422
Email: gallery@emanuellayr.com
http://www.emanuellayr.com
Öffnungszeiten: Mi-Sa 12-18 h


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