Videonale Preise der KfW Stiftung 2015 an Shelly Nadashi
Shelly Nadashi ist Preisträgerin des Videonale Preises der KfW Stiftung 2015. Unter 38 nominierten Videoarbeiten wählte die fünfköpfige Jury einstimmig die Videoarbeit der Künstlerin mit dem Titel „A Hidden Quiet Pocket“.
Jury-Mitglieder waren: Steven Bode (Direktor Film and Video Umbrella London), Christian Jankowski (Künstler und Gewinner des Videonale Preis 2013), Dr. Doris Krystof (Kuratorin K21 Kunstsammlung NRW), Dr. Christoph Schreier (Stellvertretender Direktor des Kunstmuseum Bonn), Mike Stubbs (Direktor FACT London)
In der Jury-Begründung zur Verleihung des Videonale Preises der KfW Stiftung 2015 heißt es: „Die Arbeit lebt im Augenblick – in ihrer schauspielerischen Ästhetik, ihrer Direktheit und ihrer Einfachheit. Sie zeichnet obendrein ein Bild von einer Gesellschaft, in der das Leben für einige wenige tatsächlich “a piece of cake”, sprich ein Kinderspiel ist. “A Hidden Quiet Pocket” ist eine Arbeit über Machtverhältnisse und die zunehmend sichtbare Spannung zwischen den Betuchten und den Habenichtsen, zwischen den den Gewinnern und Verlierern des Immobilienmarktes oder auch den Meistern und Dienern in der Dienstleistungsgesellschaft. “A Hidden Quiet Pocket” – für manche ein Rückzugsort, eine Blase des privilegierten Luxus; für andere ein Ort, an dem sie arbeiten, der ihnen aber ansonsten verschlossen bleibt. Der Körper wird zum Spielort; des Verwöhnenden einer Massage, aber auch der Invasion der Intimsphäre. Die Arbeit ist herausfordernd, subtil und extravagant in ihrer Sprache, aber auch ins Mark gehend beunruhigend bis düster. Sie zeigt außerdem auf, wie wir alle im zunehmenden Maße Darsteller und Zuschauer der Leistungen der Aufmerksamkeitsindustrie sind. Wir freuen uns, diesen Preis einer aufstrebenden Künstlerin geben zu können und hoffen, dass er ihr dabei hilft, ihr Werk weiterhin zu entfalten.”
A Hidden Quiet Pocket – Auszug aus dem Videonalekatalog, Text von Lisa Warring:
Mensch kneten. Teig massieren.
Shelly Nadashi inszeniert in ihrem Video A HIDDEN QUIET POCKET auf den ersten Blick eine typische Massagesitzung. Die Kundin fragt die Masseurin dabei, wie viel Miete sie für eine Wohnung nehmen könne. Die Wohnung nimmt durch die Massagebewegung und die Nachfrage der Masseurin Gestalt an. Es zeigt sich, dass die Immobilie eine sehr gut ausgestattete Wohnung in bester Lage ist, für die die Kundin viel Geld verlangen kann. Durch die immer ausfallender werdenden Bewegungen der Massage wird der Neid und die Habgier der Masseurin deutlich – sie kommt der Kundin immer näher, aggressiver und aggressiver. Das Video lädt sich in der Fetischisierung von Konsumgütern immer weiter auf und steigert sich durch die Beschreibung der luxuriösen Wohnung und kulinarischer Spezialitäten zu einem ekstatischen Ende mit einer Ästhetik, die an Pornografie denken lässt. Ein ›Immobilienporno‹ mit schlecht synchronisierten und verschobenen Tonspuren am Anfang des Videos und einer körperlich dominierenden Masseurin, deren Bewegungen für einen Rhythmus sorgen, der an Sex erinnert. Wie ein Mantra spricht die Masseurin immer wieder im selben Rhythmus: »A piece of cake, a piece of cake,...« Um dieses Stück zu bekommen, will die Masseurin den Kuchen und das von ihr gewünschte Leben erschaffen. Den Teig formt sie sich durch die Massage erst selbst. Oder ist es am Ende mehr als Massage?
Would you like a piece of cake?