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Art Rotterdam: Endlich Mittelstand

Endlich scheint Früchte zu tragen, was lange als regionale Kleinveranstaltung von der Kunst-Karawane links liegengelassen wurde. In ihrer 16. Ausgabe zeigt sich die Art Rotterdam durchaus zu Recht selbstbewusst. Seit dem Umzug in das Weltkulturerbe Van Nellefabriek im letzten Jahr auf jetzt 102 ausstellende Galerien angewachsen, hat sich die Messe zu einem Publikumsmagneten entwickelt. In den Niederlanden scheint Kunstsammeln durchaus noch oder wieder zum mittelständischen Kanon zu gehören, und die Institutionen treten ebenfalls alle an. Schließlich ist das Preisgefüge hier noch so, dass man selbst mit einem fünfstelligen Budget wichtige Arbeiten aus dem Werk zumeist jüngerer Künstler kaufen kann, die ihre Karrieren durch die Kunstvereine, Museen und prominenten Privatsammlungen gerade erst angetreten haben. Die immergleichen Namen aus dem internationalen Kunstzirkus der Konzernmsessen sucht man jedoch zumeist vergebens - bei Künstlern wie Galerien. Die Fluktuation unter den Ausstellern war bisher relativ hoch. Gabriel Rolt aus Amsterdam ist ein Veteran der Messe und damit eher eine Ausnahme. Gerade in den letzten beiden Jahren habe sie stark angezogen, erklärt er. Es kämen mittlerweile sämtliche niederländische Kuratoren und Sammler. Der bekannte US-amerikanische Sammler Aaron Levine sei ein großer Fan der Messe und habe dieses Jahr bei ihm eine Skuptur des Griechen Spiros Hadjidjanos bei ihm gekauft. "Die Leute hier sind nicht so hochgepitched wie in London oder Basel", freut sich Arne Linde von der Leipziger Galerie ASPN. Sie ist zum ersten Mal in Rotterdam und teilt sich einen Stand mit Gerhard Hofland aus Amsterdam, mit dem sie sich zwei Positionen (Jochen Mühlenbrink und Robert Seidel) teilt. Das hilft ihr bei den Kontakten, vor allem, weil die Sammler nicht so auffällig sind wie anderso. "Die Holländer sind sehr gutsituiert und sehr kultiviert. Das kann man aber nicht an Äußerlichkeiten festmachen." Sie sei dann immer wieder erstaunt, wenn Interessierte ohne viel Feilschen einfach kauften. Weil die Privathäuser relativ klein seien und die Kunstwerke entsprechend ebenfalls, seien die Investitionen nicht so groß. Außerdem sei in den Niederlanden die Tradition der Malerei noch stark verwurzelt, erzählt Monika Branicka von Zak|Branicka aus Berlin. Daher stelle die Solo-Präsentation eines jüngeren Malers aus ihrem Programm (Pawel Ksiazek) in Rotterdam kein so großes Risiko dar wie anderswo. Ron Mandos aus Amsterdam kennt die Messe aus langjähriger Erfahrung und stellt ihr ebenfalls ein gutes Zeugnis aus. Das Sammlerprogramm ziehe zunehmend Besucher vor allem aus Belgien und immer mehr aus Deutschland an. Mit Hans op de Beeck hat er eine der etabliertesten Positionen auf der Messe im Angebot. In den Gängen lässt sich dann unter anderem ein Londoner Art Basel- und Tefaf-Aussteller sichten, der privat junge Kunst favorisiert. Dass die Spezialisierung auf dieses Segment mittlerweile ein Alleinstellungmerkmal unter den Hauptmessen darstellt, weiß der Direktor der Messe Fons Hof: "Im Gegensatz zu allen anderen Messen sind wir rein zeitgenössisch, und dabei noch fokkussiert auf junge Kunst. Für eine Galerie wie Gagosian würde es keinen Sinn machen, hierher zu kommen und wir würden sie wohl auch nicht zulassen, weil der Markt das einfach nicht hergibt." An seine Messe haben inzwischen andere Formate angedockt. In der Messehalle selbst ist die gesponserte Video-Sektion Projections mit 24 Arbeiten zu sehen, die von den Kuratoren des Witte de Witt ausgewählt wurden und nur zum Teil von ausstellenden Galerien stammen. In einer angeschlossenen Halle haben die aktuellen Stipendiaten des Mondriaan-Fonds Gelegenheit, ihr Tun in großen Kojen dem Messepublikum vorzustellen. Und in frei zugänglichen benachbarten Hallen präsentieren sich 20 holländische und flämische Off-Räume sowie die Künstler des Residency-Programms Dordtyart. Sogar eine Antwort auf den Stalliten Rotterdam Contemporary hat er parat: die in einem gegenüberliegenden Gebäude neben dem Pop Up-Restaurant eines Zwei Sterne-Kochs untergebrachte Sektion "We love Art", in der von den Messeteilnehmern Kunst unter 1.500 Euro angeboten wird (im Prinzip - einige Werke sind etwas teurer). Der Satellit im Hafengebiet, genau dort, wo die Hauptmesse bis zur vorletzten Ausgabe beheimatet war, sieht aus wie eine Scope, als die noch lustig war. Mit 17,50 Euro kostet sie allerdings ebensoviel Eintritt wie die Hauptmesse und das Angebot bewegt sich weitgehend zwischen Nippes und Quatschkunst. Nicht völlig hoffnungslos, aber eine vertane Chance, ist die Design-Messe Object auf dem ehemaligen Kreuzfahrtschiff SS Rotterdam. In den Niederlanden werden Design und Architektur besonders hoch gehalten, wie in Rotterdam allerorten zu sehen ist. Dafür ist die Object enttäuschend kunsthandwerklich.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Rotterdam
05 - 08.02.2015

Van Nellefabriek
3044BC Rotterdam, Van Nelleweg 1
Tel: +31 10 742 02 58
Email: info@artrotterdam.com
http://www.artrotterdam.com
Öffnungszeiten: 11-19 h


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